Im letzten Blogbeitrag haben wir euch bereits verraten, was es bei den 3 Days of Design bei HAY in Kopenhagen alles neues zu entdecken gab. Von der Neuauflage zweier Designklassiker bis hin zum neuen Kitchen Market haben wir für euch so einiges entdeckt. Im Interview mit Rolf Hay hat uns der Gründer des Designlabels, das er 2002 gemeinsam mit seiner Frau Mette Hay in Leben gerufen hat, auch noch geduldig Rede und Antwort gestanden.
Interview mit Rolf Hay: “Design spricht bei HAY eine globale Sprache.”
Anne: Hallo Rolf, wie schön, dass du dir im Rahmen der 3 Days of Design in Kopenhagen Zeit für das Gespräch nimmst. Apropos Kopenhagen, die dänische Hauptstadt wird immer wieder als heimliches Zentrum zeitgenössischen Designs gehandelt. Was steckt da deiner Meinung nach dahinter?
Rolf Hay: “Also in Sachen Design hat sich generell extrem viel in den letzten 10 Jahren bewegt. Mitte der 90er befand sich die Szene für Design in Italien. Cappelini, Moroso, Cassinia und B&B waren da Federführend. Das sind sie bis heute uns üben nach wie vor Einfluss auf die Industrie, aber vielleicht nicht mehr so wie damals. Innerhalb der letzten 10 Jahre hat sich da einiges bewegt und das Zentrum hat sich nach Dänemark verlagert. Das liegt vielleicht auch daran, dass viele dänische Label sich mit dem Thema demokratisches Design beschäftigen. Hay war einer der ersten vor 15 Jahren, und jetzt ist daraus eine extrem starke Gruppe von Herstellern gewachsen, die eben genau hier so arbeiten.”
A: Inwiefern hat die dänische Designtradition HAY beeinflusst?
RH: “HAY wird immer wieder mit diesem „Erbe“ in Verbindung gesetzt, aber in Wirklichkeit ist das, was wir hier machen, international. Wir sind ein Skandinavisches Unternehmen, weil wir aus Skandinavien kommen, aber wir arbeiten mit Leuten zusammen, die aus den verschiedensten Winkeln der Erde stammen. Für uns ist es nicht wichtig, ob du aus Dänemark oder ob du aus Frankreich bist. Das was für uns wichtig ist, ist dass du die richtige Idee hast.”
A: Wenn es nicht die dänische Designtradition ist, hat denn dann eine andere Bewegung oder ein anderer Designer Einfluss auf euer Konzept und eure Ästhetik gehabt?
RH: “Also ganz unbeeinflusst vom dänischen Design der 50er und 60er sind wir auch nicht. Die großen Klassiker wie Arne Jacobsen und Hans Wegner haben auch in unseren Designs ihre Spuren hinterlassen. Aber warum ich das mache was ich mache, hat viel mehr mit Cappellini zu tun, die in den 90er Jahren einen neuen Zugang zu Design eröffnet haben. Damals wurde dänisches Design von Dänen gemacht und italienisches Design wurde von Italienern gemacht.
Und Giulio Cappellini hat dann sozusagen als erster junge Designer aus der ganzen Welt nach Mailand geholt und ihnen die Möglichkeit gegeben Produkte zu entwerfen. Er hat die Bouroullecs angeheuert, er hat mit Tom Dixon und Marcel Wanders gearbeitet, anfangs alles unbekannte Designer. Und für mich war das extrem inspirierend. Klar, für mich wäre es viel einfacher zu sagen, HAY ist typisch dänisches Design. Die Idee aber, das Konzept, ist von Cappellini inspiriert. Design spricht bei HAY eine globale Sprache. Und das macht mir extrem viel Spaß.”
A: Global ist das Stichwort. Voraussichtlich ab Herbst steht die gemeinsame Kollektion von HAY und IKEA in den Möbelhäusern der Schweden.
RH: “Das was wir mit Ikea gemacht haben, war etwas ganz anderes. Ich bin von Natur aus neugierig und wollte neue Erfahrungen sammeln. HAY hier in Kopenhagen ist von der Entwicklung und Produktion getrieben. Das ist unser Fokus. Wir verwenden oft Technologie als Inspiration. Eine neue Produktionsmöglichkeit führt zu einer neuen Produktlinie. Und so ist das auch eigentlich bei IKEA. Die machen trotzdem etwas völlig anderes als wir und wir sind keine Wettbewerber von ihnen. Aber ich wollte lernen, wie sie in der Lage sind, einen Couchtisch für 10 Euro zu produzieren. Wie geht das? Im Gegenzug haben sie natürlich auch von uns lernen können.”
“Wir verwenden oft Technologie als Inspiration. Eine neue Produktionsmöglichkeit führt zu einer neuen Produktlinie.”
A: Ist das eine andere Herangehensweise an ein Produkt als beispielsweise mit den Designern Ronan und Erwan Bouroullec, die zum Beispiel die Palissade Kollektion für euch entworfen haben?
RH: “Naja, bei den Bouroullecs handelt es sich um Leute, die extrem viel Ahnung haben. Wenn wir mit denen arbeiten, machen wir selten Kompromisse, weil sie ganz genau wissen, wie die Sachen hergestellt werden können.”
A: HAY vertkauft Produkte stationär im Handel, aber vor allem auch online. Welche Anforderungen und Herausforderungen stellt die Entwicklung hin zum E-Commerce eigentlich für Hersteller wie HAY dar?
RH: “Das ist eine ganz spannende Entwicklung. Generell bin ich bei HAY für unsere Möbel zuständig, ich entscheide, was wir machen. Und wenn du dich entscheiden musst, womit wir mit der Entwicklung neuer Produkte anfangen, stellen wir uns mit als erstes die Frage: Wo sind die Veränderungen im Markt, wo verändert sich was? So finden wir die Bedürfnisse, die noch nicht abgedeckt sind. Und wenn wir ehrlich sind: unser Leben hat sich nicht so sehr verändert. Wir leben im Grunde wie unsere Eltern. Wir schlafen in einem Bett, vor dem Sofa steht ein Couchtisch. Das war bei unseren Eltern schon so. Wir gehen anders miteinander um, aber unser Lebensraum hat sich nicht so gravierend verändert, wie manche meinen.
Was sich aber geändert hat, das ist die Distribution. Das liegt primär am Onlinehandel. Wir haben im letzten Jahr mit den Bouroullecs das Hay CAN 2.0 2-SITZER SOFA hergestellt, was im Grunde eine Antwort auf das Problem des Onlinehandels ist: Es muss in ein Paket passen. Wir haben deshalb die maximale Größe eines Pakets als Maßgabe für die Abmessungen des Sofas genommen. Das Briefing war also ein Sofa zu designen, das in ein Paket passt.”
A: Die Produkte aus dem Hay Kitchen Market sollten auch ohne Probleme in ein Paket passen. Die Anzahl der Kollektionsteile ist beeindrucken, über 100 verschiedene Objekte gehören zur Sammlung. Wie lange hat es gedauert, die alle zusammenzutragen?
RH: “Meine Frau Mette hat seit drei, vier Jahren davon gesprochen. Eigentlich seit dem HAY Mini Market. Damals hat sie schon darüber nachgedacht, dass sich der nächste Market um das Thema Küche drehen könnte. Das hat sie lange vorbereitet, Ideen entwickelt und dann intensiv eineinhalb Jahre zusammen mit Frederik Bille Brahe, einem Küchenchef hier aus Kopenhagen, daran gearbeitet.”
A: Ein professioneller Koch trifft auf eine leidenschaftliche Produktentwicklerin wie Mette. Das macht sich deutlich in der Auswahl der Produkte bemerkbar, oder?
RH: “Ja, man sieht, dass da ein Profi mit am Werk war. Frederik hat ein wahnsinniges ästhetisches Gespür für das was er macht. Und gleichzeitig ist er sehr praktisch und pragmatisch. Es gab Momente, in denen Mette Frederik Produkte vorgestellt hatte, da meinte er nur: ist ja toll, aber damit lässt sich nicht gut arbeiten. Das war wichtig, und deshalb haben eben einige der Produkte diesen Charakter, der in Industrieküchen zu finden ist.”
A: HAY erarbeitet sich das Thema Küche neu, aber ist das auch die Richtung, in der es im Interior Bereich als nächstes geht? Was sagt dir dein Gespür als Designprofi?
RH: “Für mich ist tatsächlich das Thema Küche. Wir leben in einer Zeit, in der der persönliche Umgang mit unseren Freunden wichtiger und wichtiger wird. Wir laden mehr Leute zu uns nach Hause zum Dinner ein, als das etwa früher der Fall war. In einigen Ländern ist das eher unüblich, da fängt das vielleicht gerade erst an. In Skandinavien haben wir diese Tradition schon länger. Ich glaube, das Thema Essen, Entertainment und Küche ist deshalb so aktuell wie nie. Und da müssen wir als Marke natürlich auch einen Weg finden, wie wir das einbinden. Das verlangt natürlich auch, dass man davon Ahnung hat. Der Kitchen Market ist da quasi ein erster Schritt in diese Richtung.”
Vielen Dank, lieber Rolf, für die Einladung nach Kopenhagen und das wirklich interessante Gespräch mit dir.
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[…] andere schleichen sich fast unbemerkt dort ein und bleiben dort für immer. So muss es auch bei Rolf Hay gewesen sein, als er den schlichten Result Chair von Friso Kramer und Wim Rietveld das erste Mal […]