Einflussreiches Bauhaus – Der Beginn der Moderne
Die Designgeschichte des 20. Jahrhunderts beginnt mit einem Paukenschlag. Mit der Gründung des Staatlichen Bauhaus in Weimar durch Walter Gropius beginnt die Moderne. Der Begriff Bauhaus wird oft gleichgesetzt mit der Moderne in Architektur und Kunst, meint indem Zusammenhang aber vielmehr den Bauhausstil. Die Bauhausbewegung ist von Anfang an mehr als nur eine Bildungseinrichtung: ein Hort für moderne gestalterische Ideen, ästhetische Ideale, politische Ideen und philosophische Denkansätze. Zu ihren Vertretern gehören einige der bedeutendsten Künstler und Architekten des 20. Jahrhunderts, allen voran der Aachener Architekt Ludwig Mies van der Rohe, Walter Gropius und die Maler Paul Klee und Wassily Kandinsky.
Kunst und Handwerk vereint
Am Anfang steht das Bauhausmanifest 1919, in dem viele Ideen einer nichtakademischen Kunstschulreform gebündelt die Grundlage für die Bewegung des Bauhauses ergeben. Gleich im ersten Satz heißt es: „Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau!“ Alle Beteiligten an diesem obersten Ziel sollen erkennen, dass dies ein vielschichtiges, komplexes Unterfangen ist, an dem zahlreiche Werkleute zu schaffen haben. Ihre Arbeit soll ein einheitliches Bild ergeben, eines, das elementar auf der Werkstattarbeit und der Auseinandersetzung mit Material und Mensch beruht.
Was auf dem Papier so pathetisch klingt, verfolgt eine egalitäre und demokratische Grundidee: Es gibt am Bauhaus keine Klassenunterschiede zwischen Handwerker und Künstler. Die Zusammenarbeit beider Gruppen ist dann auch die wichtigste Forderung im Manifest von Walter Gropius, dem ersten Direktor der Weimarer Kunstschule.
Form – Farbe – Funktion
Die Basis für gestalterische Ausbildung an der Bauhausschule war bereits im Manifest angekündigt. Sie bestand aus drei Teilen: einer zeichnerischen, einer handwerklichen und einer wissenschaftlich-theoretischen Lehre. Daraus ergab sich aber schon bald eine Zweiteilung in Formlehre und Werklehre. Die Formlehre decke den künstlerischen Bereich ab, in den Werkstätten der Schule genossen die Schüler ihre handwerkliche Ausbildung.
Gemeinsam bildeten sie das Rückgrat der Lehre unter Gropius. Die Bauhausbewegung forderte von ihren Schülern außerdem, ihre Materialien so angebracht und ehrlich wie möglich zu verwenden. Sprich: Unterstützende Materialien und Konstruktionen sollten nicht verborgen, sondern exponiert werden. Denn das ist die zweite Grundidee des Bauhauses: Schön ist, was funktioniert. Egal ob Architektur oder Produktdesign, maßgebend ist die Nützlichkeit und Funktion des Objektes. Das Bauhaus proklamiert „ehrliches“ Design, das nicht durch Ornamentik oder Romantik ablenkt. Die sich daraus ergebende Ästhetik war zu Beginn der 1920er Jahre etwas völlig Neues und markiert den Beginn der gestalterischen Moderne in Deutschland.
Das Bauhaus lebt im Inneren weiter
Die Meisterhäuser der Architekten, die eine wesentliche Rolle im Bauhaus spielten, kann man sich heute noch anschauen. Überhaupt haben zumindest in der Architektur viele Prinzipien des Bauhauses überdauert. Die Architektur ist rationaler, funktioneller und schlichter geworden. Und im Produktdesign? Nun, die Demokratisierung des Designs ist wohl nur teilweise geglückt. Das Credo, dass industriell hergestellte Gegenstände gewöhnlichen Menschen die Möglichkeit besserer Lebensqualität bieten, trifft auf vieles zu. Das ist schon allein deshalb so, weil die meisten Produkte heute aus industrieller Produktion stammen. Nur entspricht die Qualität nicht immer unbedingt dem, was sich die Weimarer (und später Dessauer Meister und Handwerker) so vorgestellt haben.
Die Bauhausbewegung hat das Design und die Produktion moderner Möbel dennoch nachhaltig verändert. Stahlrahmen dürfen seitdem sichtbar sein, sei es bei Stühlen, Tischen, Sofas oder Leuchten. Die Verwendung von maschinell und in Masse hergestellten Stahlrohren führt im Ergebnis zu simpel geformten Möbeln, die wenig Handarbeit oder Polsterung benötigen und dennoch bei hoher Qualität den modernen Look der Bauhausära bis heute prägen. Wen wundert es da, dass diese Kreationen nach wie vor gefragt und beliebt sind?
Moderne Möbelklassiker im Bauhausstil
Zu diesen inzwischen zeitlosen Klassikern gehören eine ganze Reihe von Entwürfen, die bis heute produziert werden. Das Traditionshaus Thonet gehört bis heute zu den Herstellern, die die Berühmten Stahlrohrmöbel nach den Originalentwürfen der Bauhauskünstler fertigen. Der S 64 Freischwinger von Marcel Breuer ist ein Design Bestseller der ersten Stunde, ebenso wie die Satztische von Thonet. Sie alle besitzen ein Gestell aus verchromtem Stahlrohr und eine Sitz- bzw. Ablagefläche aus lackiertem Holz – schlicht, funktional und schön, ganz nach den Grundideen des Bauhausdesigners.
Vorsicht, Verwechslungsgefahr!
Das Staatliche Bauhaus, welches von 1919 bis 1933 bestand, hat aber auch bei Designern und Stilrichtungen rund um den Globus Spuren hinterlassen und Einfluss gehabt. So werden die Entwürfe der Designerin Eileen Gray oft dem Bauhaus zugerechnet, jedoch zählen diese streng genommen nicht dazu, hat sie doch nie am Bauhaus studiert bzw. unterrichtet. Nichtdestotrotz hat die britische Künstlerin tolle Klassiker kreiert. Wer auch immer wieder in dem Bauhaus zugerechnet wird, aber zum niederländischen „de Stijl“ zählt: der Red & Blue Chair von Gerrit Rietveld. Schuld daran ist vermutlich die ikonische Farbgebung des Möbels aus Multischichtholz, das tatsächlich bereits 1918, also ein Jahr vor Gründung des Bauhauses, entstand.
Die Resonanz des Bauhauses hält bis heute an, in der freien Kunst genauso wie in der angewandten. Den Bauhausstil findet man in der Architektur über die halbe Welt verteilt, von Tel Aviv bis in Norwegische Kristiansand. Und noch immer strahlen diese Bauten eine ungehäure Eleganz und Moderne aus. Die Gestaltungsrichtung, die im kommenden Jahr ihren 100. Geburtstag feiert, wird auch in Zukunft nichts an Relevanz einbüßen, denn bisher hat es noch keine andere Kunstbewegung geschafft, Mensch und Kunst in unterschiedlichen Disziplinen auf so einleuchtende wie innovative Weise mit einander zu verbinden.
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[…] mit dem Pantone Code 16-1546 ist die Farbe des Jahres. Aber auch das ist 2019: 100 Jahre Bauhaus. Die gestalterische Reformbewegung wurde 1919 von Walter Gropius mit seinem vielzitierten Manifest […]
[…] 73 Jahre alt. Geprägt und enttäuscht vom strengen Modernismus Europäischer Architekten (aka. der Baushausbewegung), verfasst er eine Art Manifest gegen die herrschende Vorstellung, dass Häuser monolithisch und […]