Alle Augen gen Westen, der Designfokus Niederlande bittet um Aufmerksamkeit.
Ähnlich wie italienisches Essen, französische Mode und deutsche Autos wird niederländisches Design immer mehr zur eigenen Marke mit Gütesiegel. Betrachtet man die Lage der Niederlande aus geografischem Blickwinkel, wir auch schnell klar, warum sich in diesem Stil so viele verschiedene europäische Konzepte und Designideen mischen. Die Niederländer saugen scheinbar alle möglichen Einflüsse auf, die sie finden können. Nachdem der belgische Nachbar vor Jahrhunderten die ersten Pommes frittierte, müssen sie sich gedacht haben: Das können wir auch und wenn vielleicht nicht besser, dann zumindest frittieren wir einfach mehr. Und die Deutschen mögen vielleicht als Reiseweltmeister bekannt sein, aber die Holländer haben das Reisen mit dem Caravan perfektioniert.
Lekker Nederlands – Einflüsse sammeln und zu etwas eigenem Zusammenführen
Und ähnlich verhält es sich mit dem Design und der Wohnungseinrichtung im Land der Polder und Grachten. Denn typisch niederländisch ist es vielleicht, sich das Beste aus der Nachbarschaft zusammenzusammeln. Das Ergebnis spielt mit der Leichtigkeit und Einfachheit Skandinaviens, der eleganten Ausstrahlung Frankreichs, dem Funktionalismus deutschen Designs und kombiniert es mit einer eigentümlich humorvollen Schrulligkeit der Niederländer. Et Voila, heraus kommt eine wohnliche Mischung mit sehr europäischem Charakter.
Der Designfokus Niederlande zeigt außerdem, dass Handwerkskunst und natürliche Materialien hier großgeschrieben werden. Für Qualität gibt man Geld aus. Kaufe dir das Beste für dein Geld und es zahlt sich die nächsten Jahre oder Jahrzehnte aus. Ein gelungenes Interieur im Geist der Niederländer versucht, die perfekte Balance zwischen Funktionalität, Ästhetik und Individualität zu finden. Tipps wie das gelingen kann gefälligst?
1. So viel natürliches Licht wie möglich
Warum haben die Häuser in Amsterdam, Utrecht und Maastricht so große Fenster? So ganz genau wissen wir es auch nicht, aber eins können wir sagen. Sie sorgen für viel Licht und tolle Lichtstimmungen in den Wohnungen. Und ähnlich wie in Skandinavien ist die niederländische Designästhetik eng mit der Natur verbunden. Und Licht ist essentiell für das Leben. Mangelt es an natürlichem Licht, wird das mit Statementlampen, etwa von Moooi, kompensiert.
2. Die Räumen gehen fließend ineinander über
Klar, auch in den Niederländen haben die Zimmer Türen und es ist nicht alles immer Open-Plan-Living. Aber die Räume sind so gestaltet, dass man sich frei zwischen ihnen bewegen kann – am besten angepasst an die täglichen Bedürfnisse und Routinen. Soll heißen: Die Küche grenzt direkt an den Essbereich, das Familiensofa steht dort, wo sich die Familie am häufigsten trifft. Und wenn das ausgerechnet in der Küche ist? Na, dann wird die eben so gestaltet, dass sie besonders gemütlich und Familienfreundlich ist.
3. Platz für Gäste und Entertaining
Mit Entertaining ist hier nicht gemeint, dass eine Bühne gebraucht wird, um ein Programm abzufahren. Es geht eher darum, einen festen Platz zu haben, an dem Freunde und Familie unterhalten und bewirtet werden. Ein großer Esstisch hilft dabei ungemein.
4. Neutrale Farben und natürliche Materialien
Wie schon erwähnt, mag man es in den Niederlanden, das Draußen nach drinnen zu holen. Am besten gelingt das, in dem man natürliche Materialien und neutrale bzw. erdige Farbtöne in das Interieur einbezieht. Als Kontrast dazu funktionieren moderne, bunte Designs besonders gut. Daraus entsteht oft von ganz allein ein eklektischer, interessanter Stilmix, der so typisch Niederländisch zu sein scheint.
5. Last but not least: Weniger ist mehr
Dieses Designcredo ist quintessentiell niederländisch. Dinge wegzulassen ist nicht einfach Verzicht, sondern eine Kunst für sich. Der Raum soll durchdacht und wohlüberlegt wirken, nicht leer und unvollständig. Persönliche Gegenstände gehören ins Zuhause, genauso wie schöne Kunstwerke. Es soll nur nicht vollgestellt aussehen. Der Schlüssel zu “Weniger ist mehr” ist es, eine Balance zu finden und es nicht zu übertreiben – weder mit zu viel noch mit zu wenig. Deshalb am besten ein paar Lieblingsstücke auswählen und denen dann drum herum genug Raum geben, dass sie auch wirken können.
Sti(j)lsicher durch das Platte Land.
Soviel dazu, wie sich stilsichere Niederländer einrichten. Apropos Stil, bevor es das Bauhaus in Deutschland gab, gab es bereits eine Gestaltungsbewegung, die große Ähnlichkeit mit ihm hatte und es maßgeblich beeinflusst hat. Die Rede ist von De Stijl. Begründet von den Künstlern Piet Mondrian und Theo van Doesburg, verstand sich die Bewegung als Forum für moderne Künstler. Für sie ist Kunst funktional. Die Farben Rot, Blau und Gelb spielen eine zentrale Rolle. Ergänzt wird das doch eher überschaubare Farbspektrum von den „Nicht-Farben“ Grau, Schwarz und Weiß. Abstrakte, geometrische Formen sind die elementaren Formen. Das perfekte Beispiel für diese Kunstrichtung und ihren Einfluss auf das Design ist der Rot-Blaue Stuhl von Gerrit Rietveld.
Designfokus Niederlande auf die Designer
Bekannte Designer wie Gerrit Rietveld einer war, dürfen beim Designfokus Niederlande natürlich nicht fehlen. Friso Kramer entwarf gemeinsam mit dessen Sohn Wim Rietveld, einen schlichten, funktionalen Holzstuhl mit Stahlgestell, der in den 1960er und 70er Jahren in vielen Schulen der Niederlande und darüber hinaus zum Mobiliar gehörte. Der Result Chair wurde erst im vergangenen Jahr von HAY wieder neu aufgelegt. So können endlich auch neue Generationen den Stuhl schätzen lernen.
Hella Jongerius ist ebenfalls Niederländerin und eine gefragte Designerin. Seit langem arbeitet sie immer wieder mit Vitra zusammen und hat für das Schweizer Unternehmen unter anderem das nach einer niederländischen Landschaft benanntes Sofa kreiert: das Polder Sofa.
Weitere bekannte niederländische Designer sind: Marcel Wanders, Mart Stam, Piet Hein Eek und das Designkollektiv Studio Droog. Insgesamt ist das niederländische Design innovativ, modern, funktional und mit einer Prise Humor gewürzt – damals wie heute. Gerrit Rietveld, Mart Stam und Marcel Wander waren bzw. sind Visionäre der Moderne. Hella Jongerius sprengt ihrerseits immer wieder scheinbar unumstößliche Konventionen. Und genau das macht den besonders liebens- und nachahmungswürdigen Charme und auch den Erfolg aus.
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