Wir schreiben das Jahr 2019. Der Brexit ist noch immer ein Thema, Tennissocken werden von Teens und Tweens auf ironische Weise gehypt und Korallenrot mit dem Pantone Code 16-1546 ist die Farbe des Jahres. Aber auch das ist 2019: 100 Jahre Bauhaus. Die gestalterische Reformbewegung wurde 1919 von Walter Gropius mit seinem vielzitierten Manifest ins Leben gerufen. Als vielleicht einflussreichste Designschule der Moderne wird das Jubiläum in diesem Jahr ausgiebig gefeiert – und zwar in ganz Deutschland. Für Fans und Kulturinterssierte haben wir deshalb einen kleinen Veranstaltungskalender für das Jubiläumsjahr zusammengestellt. Aber Achtung: die Auswahl ist subjektiv und ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
100 Jahre Bauhaus – Das Eröffnungsfestival
Das Eröffnungsfestival ist der offizielle Startschuss in das Jubiläumsjahr 2019. Es begibt sich 100 Jahre nach der Gründung der Schule auf Spurensuche nach Werken abseits der Bildenden Künste. Denn daneben beschäftigen sich einige Lehrer und Schüler auch mit performativen Werken, Theorien und Experimenten. Das Festival im Konzertsaal der Universität der Künste schlägt dabei die Brücke von damals zu heute und zeigt, welche Relevanz die Bauhausbewegung auch heute noch in Deutschland und international besitzt.
16.1.-24.1.2019 UDK Standort Hanseatenweg, Berlin.
Bauhaus und Amerika
Bewusst richtet diese Ausstellung den Blick auf Künstlerinnen und Künstler, die nach Schließung des Bauhauses 1933 nach Amerika emigrierten, um dort ihre Ideen und Experimente fortzuführen. Von Licht- und kinetischer Kunst über den Experimentalfilm bis hin zu Tanz- und Performancekunst zeigt die epochenübergreifende Ausstellung den weitreichenden Einfluss dieser Interaktionen. Gezeigt werden nicht nur die Positionen des Bauhaus und den amerikanischen Folgeinstitutionen, die Schau schlägt gekonnt den Bogen bis in die Gegenwart.
Ausstellung bis 10.3.2019, LWL-Museum, Münster
Bauhaus und die Fotografie
Das Staatliche Bauhaus spielt nicht nur eine Schlüsselrolle in der Design- und Kunstgeschichte, sondern auch für die Fotografie des 20. Jahrhunderts. Welchen Einfluss haben die Neuerungen der damaligen Zeit auf Künstler von heute? Wie entwickelte sich die Bildsprache weiter? Diesen Fragen widmet sich die Ausstellung im NRW Forum Düsseldorf. In den historischen Kontext wird das ganze durch die virtuell rekonstruierte Werkbundausstellung von 1929/30 gesetzt. Der für seine experimentellen Fotoarbeiten bekannte Bauhaus-Künstler Moholy-Nagy kuratierte damals jeweils einen Raum zur Geschichte und zur Zukunft der Fotografie und untersuchte das Neue Sehen in der Fotografie. Nach der ersten Station in Düsseldorf wird die Ausstellung außerdem in Berlin und Darmstadt zu sehen sein.
Ausstellung bis 10.3.2019, NRW Forum, Düsseldorf
Von Arts und Crafts zum Bauhaus. Kunst und Design – eine neue Einheit!
Was ist modern und wie sieht modern aus? Diese Frage stellt sich das Berliner Bröhan Museum und stellt dabei Bauhausentwürfe seinen stilgeschichtlichen Vorbildern des Arts & Crafts Movements gegenüber. Dabei werden überraschende Parallelen sichtbar. Die Ausstellung im Bröhan-Museum thematisiert die Vorgeschichte des Bauhauses und bindet es ein in die europaweite Entstehung der Moderne.
Ausstellung, 24.1.- 5.5.2019, Bröhan Museum, Berlin
Kandinsky, Kerkovius, Klee & Co.
Im Kunstquartier Hagen zeigt das Osthaus Museum Hagen im Rahmen des 100 Jahre Bauhaus Jubiläums in einer neuen Ausstellung Werke bekannter Bauhauskünstler aus der eigenen Sammlung. Die Gemälde, Plastiken, Zeichnungen und druckgrafischen Arbeiten stammen von Künstlern, die entweder als Lehrer am Bauhaus gewirkt oder dort studiert haben. Die Chronologie beginnt in der Vorbauhauszeit mit Karl Peter Röhl, der das erste Bauhaus-Siegel entwarf und endet bei Josef Albers‘ “Homage to the Square” in den späten sechziger Jahren.
Ausstellung 27.1. – 24.3.2019, Osthaus Museum, Hagen
Reflex Bauhaus
Die Neue Sammlung in München zeigt zum 100. Geburtstag der Reformschule die Ausstellung Reflex Bauhaus. Gemeinsam mit dem Künstler Tilo Schulz entstand eine Ausstellung, die 40 historische Objekte aus der Zeit des Bauhaus mit 5 zeitgenössischen Werken verbindet. Als das Bauhaus 1925 Weimar verlassen musste, bot sich München als alternativer Standort an. Hier saß bereits der Bauhausverlag und das damals gerade gegründete Museum Die Neue Sammlung erwarb als eines der ersten Häuser Arbeiten von heute ikonischen Bauhauskünstlern. Die wahl fiel dennoch auf Dessau. Nun zeigt das Münchner Museum zum ersten Mal nahezu vollständig den Bestand an historischen Objekten.
Ausstellung 31.1. – 31.12.2019, Die Neue Sammlung, München
Neuer Mensch, neue Wohnung
Das Neue Frankfurt stand dem Bauhaus in internationale Vernetzung und Ausstrahlung nicht nach. Im gleichen Jahr 1925, als das Bauhaus Weimar verließ und die Kernphase in Dessau begann, konstituierte sich das “Neue Frankfurt”, das unter diesem Namen in die Architekturgeschichte einging und der Stadt einen beispiellosen Schub in die kulturelle Moderne verpasste. Auf 300 qm zeigt das DAM in Frankfurt Originalpläne und Fotografien zu den beispielhaften Siedlungen und öffentlichen Gebäuden, die in dieser Zeit entstanden.
Ausstellung 23.3. – 18.8.2019, Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt am Main
Bauhaus Bauten Dessau: Originale neu erzählt.
In keiner anderen Stadt Deutschland sind so viele Originalbauten des Bauhaus zu sehen. Jeder Bau steht als Prototyp, als Idee eines Neuen Bauens und Wohnens. Mit der Neukuratierung der Bauhausbauten werden die Bezüge der Bauten in ihrer Formensprache, Nutzung sowie Materialität zueinander sichtbar. Der Besucher erfährt wie experimentell, radikal und utopisch das Bauhaus dachte, wenn es um die Architektur als angewandte Gestaltung für ein neues, modernes Leben ging.
Architeckturführung ab 18.4.2019, Stiftung Bauhaus Dessau, Dessau
Spinning Triangles: Anstoß zu einer Schule für Gestaltung.
Eines der vielleicht spannendsten Projekte im Rahmen der Veranstaltungen zu 100 Jahre Bauhaus ist Spinning Triangles vom Künstlerkollektiv Savvy. Ein mobiles Gebäude, das aussieht wie das Bauhausgebäude in Dessau, wird zu vier Städten auf der Welt reisen und versuchen, den eurozentrischen Aspekt der Gestaltungslehre abzulegen. An Stelle dessen soll die „Wohnmaschine“, wie das Konstrukt genannt wird, Raum geben, um die Prinzipien und Werte der Schule globaler zu betrachten. Mehr dazu und über den Verlauf des Projektes gibt es hier zum Nachlesen.
Projekt ab 4.1. – .12.10.2019, Dessau, Kinshasa, Berlin, Hongkong
Bauhaus rund um den Globus
Übrigens lässt sich die Architektur des Bauhaus auf der ganzen Welt bewundern. Mit dem Ende der Bauhausschule 1933 verstreuten sich die Lehrer und Schüler der Bewegung in alle Winde. Und überall wo sie hinkamen, brachten sie die Ideen und Prinzipien der Bewegung mit. In 30 Ländern finden sich heute architektonische Erbstücke der Bauhausära. Tel Avivs „Weiße Stadt“ beheimatet einige der am besten erhaltenen und bekanntesten Beispiele der Bauhausarchitektur der Welt. Weniger berühmt hingegen sind die Gebäude, die nach den Entwürfen des Architekten Thilo Schoder im Südnorwegischen Kristiansand entstanden und bis heute die stille, elegante Funktionalität der Zeit versprühen. Und auch auf Reisen in den Kongo, nach Miami oder Kuba lassen sich die architektonischen Beweise der Bauhausbewegung finden. Wer also lieber durch die Welt reist anstatt durch Ausstellungen in Deutschland zu wandeln, der kann dem Bauhaus quasi auf der halben Welt huldigen.
Gesammelt hat diese Bauten im Übrigen der Fotograf Jean Molitor. Pünktlich zum Jubiläum 100 Jahre Bauhaus werden seine Fotos in einem neuen Buch veröffentlicht: Bau1haus – die Moderne in der Welt.
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