Design ganzheitlich betrachten, es nach dem Menschen ausrichten und elegante Räumen und Objekte schaffen – für all das steht Ilse Crawford. Die in Dänemark geborene Britin ist berühmt für ihre interdisziplinäre Betrachtungsweise von Design und Interieur. Geschichte, Anthroposophie, Philosophie, Psychologie und Kunst verbinden sich in ihrem Design Approach. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass sie einen für Interior- und Produktdesigner ungewöhnlichen Hintergrund. Sie hat weder Design noch Kunst studiert. Ilse Crawford hat einen Abschluss in Geschichte und Architekturgeschichte. Sie war die erste Chefredakteurin des Magazins ELLE Decoration, bevor sie ihr eigenes Designstudio StudioIlse gründete.
Intuitives Interior Design
Fragt man Ilse Crawford nach ihrer Berufsbezeichnung, sagt sie: Innenarchitektin. Ein komischer Begriff für einen schönen Job sei das. Architekten vernachlässigten mitunter das Innenleben ihrer Gebäude. Dabei ist das genauso wichtig wie die Fassade. Wir verbringen 87 Prozent unsere Zeit in Gebäuden. Wie die designt sind beeinflusst unser Leben und wie wir uns verhalten. Deshalb spielt für Ilse Crawford auch der Mensch die zentrale Rolle in ihren Entwürfen und Räumen. Intuitivität, Taktilität und ein Ganzheitliches Konzept prägen ihre Arbeit genauso wie ihr scheinbar untrügliches ästhetisches Gespür. Für Ilse Crawford richtet sich das Design nach dem Menschen, nicht umgekehrt. Auch meint sie: Design ist nicht nur visuell. Es ist ein gedanklicher Prozess, eine Fähigkeit. Letztlich ist Design ein Werkzeug, um unsere Erfahrungen als Menschen auf eine höhere Ebene zu heben.
Ilse Crawford designt mit Herz und Verstand
Ihre akademische Herangehensweise steht dabei in keinem Widerspruch zu ihren oft sehr sinnlichen Designs. Bei ihren Designs geht es nicht vordergründig um eine bestimmte Ästhetik, sondern darum, wie man Leute komfortable und sich sicher fühlen lässt. Dafür muss man das Verhalten der Menschen verstehen. Mit diesem Thema setzt sich Ilse Crawford schon seit ihrer Kindheit auseinander. Grund dafür sei ihr Vater, ein sehr analytischer Geist und langjähriger Wirtschaftsautor bei der Sunday Times of London. Das instinktiv-künstlerische wiederum sei auf die Mutter zurückzuführen, eine dänisch-färöische Künstlerin. Und wenn man sich Ilse Crawfords arbeiten anschaut, scheint diese die logische Konsequenz aus eben diesen Charakterzügen. Durchdacht und warm, konzeptuell und sinnlich.
StudioIlse ist Teamwork
In dem den ihr in London gegründeten StudioIlse arbeitet die Designerin primär an Einrichtungskonzepten, sowohl im Objektbereich als auch für Privaträume. Sie hat für eine Airline den Loungebereich gestaltet, in Stockholm das unglaublich einladende Hotel Ett Hem designt und das Interieur für das Soho House New York als auch das Refettorio Felix in London, eine Art Gemeinschaftsküche entworfen. Und auch für Vitra hat StudioIlse im Vitra Haus vor einiger Zeit eine Fläche gestaltet. Das multidisziplinäre Team verfolgt einen ganzheitlichen Umgang mit Design, von der Wandfarbe über die Lichtschalter bis zum Kerzenhalter und Kaffeelöffel. Und das mittlerweile sehr erfolgreich. Die Räume und Designs werden in zahlreichen Interior Magazinen und Blogs gezeigt. Die Kunden sitzen verteilt auf der ganzen Welt.
Was nicht da ist wird designt
Bei der Umsetzung von Projekten kommt es immer mal wieder vor, dass es die Produkte, die sich Ilse Crawford und ihr Designteam vorstellen, gar nicht gibt. Also fing sie an, die Produkte zu entwerfen, die sie auf dem Markt nicht finden konnten. Für den schwedischen Leuchtenhersteller Wästberg kreierte die Designerin neben der Leuchten Serie w084 unter anderem eine so simple wie ungewöhnliche Öllampe. Für Georg Jensen eine kleine Kollektion schlichter Schalen. Besonders faszinierend ist auch die Zusammenarbeit von Ilse Crawford mit dem Holzmöbelhersteller Zanat, Die Serie zeichnet sich durch in Handarbeit ausgeführte Schnitzereien aus, die eine zum Berühren einladende Oberflächen schaffen.
Die vielen Professionen der Ilse C.
Mit der Entwicklung eigener Produktdesigns aber ist das Wirkungsspektrum der britischen Designerin noch längst nicht erschöpft. Ilse Crawford hat bereits drei Bücher verfasst: Wohngefühl (Sensual Home), Home is where the Heart is und A Frame for Life. Darüber hinaus leitet sie an der Kunsthochschule im Niederländischen Eindhoven die Abteilung Man and Wellbeing, was sich grob mit „Mensch und Wohlbefinden“ übersetzen lässt. Ziel dieser Einrichtung ist es, die Studierenden an Prozesse heranzuführen, die den Menschen und das menschliche Dasein ins Zentrum der Designideen rücken. Design soll menschlicher werden.
Stellt sich die Frage, warum Ilse Crawford eigentlich mit so einem starken Fokus auf die Sinne designt. Weil wir als Menschen uns danach sehnen – besonders in einer Zeit, in der immer mehr Dinge digitalisiert ablaufen. Ihre Ideen und Konzepte und Produkte zelebrieren darum Materialität, Handwerk, Funktionalität und Echtheit. Und das Zusammensein von Menschen. Und so schließt sich der Kreis, denn letztendlich soll gutes Design dem Menschen dienen.
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