Es ist sicher nicht einfach, sich als Künstler_in an kommerziellen Projekten zu versuchen. Für ein Kunstwerk setzt sich meist jede_r den Zeitrahmen bzw. Deadline selbst – sofern es überhaupt einen gibt. Es wird fertig, wann es eben fertig wird. Briefings sind eher unüblich und an Verkaufbarkeit wird kein Gedanke verschwendet. Anders läuft das, wenn ein_e Designer_in mit einem Hersteller zusammenarbeitet. Es gibt Vorgaben. Es soll ein Produkt entwickelt werden, das sich am Ende auch verkaufen lässt. Kein einfacher Rahmen für einen Künstler wie Olafur Eliasson, dessen einziges Limit für gewöhnlich die Grenzen des Machbaren sind (im physikalischen Sinn). Mit dem OE Quasi Light wagten Louis Poulsen und er dennoch das Experiment.
Immersive Kunst trifft auf dänische Designtradition
Der isländisch-dänische Künstler Olafur Eliasson ist für faszinierende, immersive Kunst und Projekte bekannt. Seine Kunst lässt sich betrachten, sie sollte aber vor allem erlebt werde. Sie sind zutiefst sinnenhaft. Seine spannendsten Kunstwerke passen nicht in jede x-beliebige Galerie. So installierte er einen gigantischen Wasserfall am Hudson River unter der Brooklyn Bridge. In der Turbinenhalle der Tate Modern in London ließ er eine gigantische orange-gelbe Sonne erstrahlen. Wer sich mit seinem Werk befasst, bemerkt schnell, wie zentral die Auseinandersetzung mit Geometrie, Natur und Licht für sein Werk ist. Zwar steht meist nur der Name Olafur Eliasson drauf, er arbeitet jedoch in seinem Berliner Studio mit Dutzenden Mitarbeitern der unterschiedlichsten Disziplinen an den unterschiedlichsten Projekten.
Die Zusammenarbeit mit dem dänischen Traditionslabel Louis Poulsen war für Eliasson auf gewisse Weise eine logische Konsequenz seiner Arbeit. „Der Planet wurde entmenschlicht“, sagt er, „und meine Designs haben sich der Notwendigkeit der Vermenschlichung verschrieben“. Eliasson will Räume wieder menschlicher gestalten. Warum sich also nicht zusammentun mit einem Partner, der im Wohnraum ganz nah an den Menschen dran ist? Die Leuchten von Louis Poulsen bringen seit Jahrzehnten Licht und damit auch Wärme ins Zuhause.
Olafur Eliasson in neuem Kontext
Für gewöhnlich sind Olafur Eliassons Arbeiten im öffentlichen Raum, Museen und Galerien zu finden. Mit dem OE Quasi Light begibt er sich auf neue Pfade. “Als Louis Poulsen mich fragte, eine neue Leuchte zu entwickeln, freute ich mich über die Möglichkeit, etwas Zugänglicheres zu kreieren, das in Kontexten verwendet werden kann, in denen meine Arbeit zuvor nicht zu sehen war.”
Die Geometrie des OE Quasi Light
Auf den ersten Blick sind es die geometrischen Formen, die die Leuchte definieren. Zwei komplexe geometrische Körper sind ineinander gesetzt, die ihre ganz eigene Sphäre bilden. Ein Ikosaeder mit 20 Flächen und 12 Eckpunkten umschließt einen Dodekaeder mit 12 Flächen und 20 Eckpunkten. Sie imitieren eine quasikristalline Struktur, die es so auch in der Natur gibt. Die meisten von uns werden noch nie von diesen Körpern gehört haben. Das macht aber nichts, die Komplexität der geometrischen Strukturen unterstreicht den majestätischen Charakter des OE Quasi Light.
Der Künstler (und temporäre Teilzeitdesigner) beschreibt die Konstruktion seiner Leuchte wie folgt: „Ich wollte mit einer sphärischen Form arbeiten. Normalerweise hätten Sie eine Struktur auf der Innenseite, die von einer weichen Haut umgeben ist, die das Licht umhüllt, aber mein Bestreben war es, dies umzukehren, so dass Sie zuerst die äußere Struktur sehen, die die Leuchte zusammenhält, und das weich reflektierende Material auf der Innenseite. Die Struktur auf diese Weise zu präsentieren, fühlt sich auch ehrlicher und aufschlussreicher an. Es sieht ziemlich magisch aus, aber es gibt wirklich keine Magie, keine Tricks, keine Geheimnisse.“
In der Kunst verwurzelt
Im Gespräch mit der deutschen Vogue antwortet er auf die Frage, der Unterschied zwischen einem Kunstwerk und einer Leuchte besteht: „Der künstlerische Gedanke ist ähnlich, der Designprozess ein anderer. Da es aber keine halbe oder viertel Kunst gibt und mich nichts anderes als Kunst interessiert, ist „OE Quasi Light“ ein Kunstobjekt. Mit dem Unterschied, dass dieses Objekt demokratischer ist und eine größere Anzahl Leute erreicht. Die können so direkt mit meiner Kunst interagieren.“
Kunst und Funktion in OE Quasi Light vereint
OE Quasi Light ist ein Objekt, das auch eine funktionierende Leuchte sein will. Um das zu gewährleisten, arbeitete Eliasson eng mit den Ingenieuren von Louis Poulsen zusammen. Das war nicht immer einfach und komplizierter und kostspieliger, als gedacht. Dafür aber haben sie gemeinsam ein Produkt erschaffen, welches kaum Abfälle verursacht. In einer Zeit, in der Müll – und besonders Plastik – Stände, Müllkippen und Lebensräume belastet, ist die Minimierung von Abfall für Eliasson zur Mission geworden. Die Leuchte hat er auch unter dem Gedanken an Langlebigkeit und Nachhaltigkeit entworfen. Der äußere Körper besteht zu 90% aus recyceltem Aluminium. Außerdem ist die Leuchte so konzipiert, dass sie später komplett auseinandergenommen werden kann, damit die einzelnen Elemente weitere Verwendung finden können. LEDs als Leuchtmittel runden die bewusste Materialauswahl ab.
Demokratische Kunst für die Massen?
Oalfur Eliasson hat mit dem OE Quasi Light eine Leuchte geschaffen, die eine ganz eigene Präsenz im Raum entwickelt und einfordert – nicht unähnlich Poul Henningsens ikonischer Artichoke. Mit einem Kostenpunkt von über 10.000 € ist sie dieser auch preislich ähnlich. Ganz eindeutig ist die vom Konzeptkünstler entworfene Leuchte damit nur bedingt zugänglich. Wie dem auch sei, OE Quasi ist ein Schritt in die Richtung der Demokratisierung außergewöhnlicher Einrichtungsobjekte. Weil die Leuchte so besonders ist, wurde sie jüngst vom Magazin Highlight als Leuchte des Jahre nominiert. Diese Auszeichnung hat sie für uns absolut verdient. Also Daumendrücken und wer mag: Abstimmen!
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