Für Orte und Menschen, die man gern mag, nimmt man so einiges in Kauf. Zum Beispiel sieben Stunden Zugfahrt und Wetter, dass man landläufig durchaus als mies bezeichnen würde. Aber was macht einem Nieselregen und Nebel bei frischen 13 Grad Temperatur im Mai aus, wenn das Ziel der Reise das Gästehaus berge in Aschau im Chiemgau ist? Herzlich wenig, denn dieser Ort und dieses charmante Gästehaus trumpfen unter dieser Voraussetzung mit einem Ass auf: der Ruhe und Einzigartigkeit des Hauses.
Nebelschwaden, das Gästehaus berge und wir mittendrin
Chiemgau, Chiemsee, Sonne, Wandern – so in etwa sieht die Assoziationskette aus, die man haben dürfte beim Gedanken an das Ziel unseres Ausfluges. Bei unserer Ankunft sah die Wetterlage vor allem Niesel und Nebel vor, weshalb wir ganz ohne schlechtes Gewissen den Rest des Tages einfach drinnen im Gästehaus berge verbracht haben. Eins muss man wissen: Die berge ist kein Hotel mit Empfangspersonal, Liftboy und Room Service, sondern versteht sich tatsächlich mehr als Herberge.
Die Ankunft im Gästehaus berge gleicht einem entspannten Ankommen im Ferienhaus. Nur verfügt besagtes Ferienhaus über insgesamt 17 kompakte Unterkünfte, die urigen Charme und die humorvolle Nüchternheit der Moormann’schen Designästhetik versprühen. Ein oberbayrisches Bauernhaus trifft auf originelle Raumlösungen. Die Zimmer/Apartments sind alle unterschiedlich gestaltet, sprechen aber die gleiche Designsprache. Diese Kohärenz liegt sicher auch im Motto des Hauses begründet: Alles weglassen, was unnötig ist. Kein Luxus, keine Sterneküche (wobei es die nur knapp zwei Kilometer entfernt auch zu erleben gibt), keine vollkommene Ruhe (die Hauptstraße führt direkt am Haus vorbei) und Fernseher gibt es sowieso nicht. Bei unserem letzten Besuch war auch der Internetempfang so eine Sache, inzwischen aber gibt es für alle Gäste Wifi und Passwort inklusive.
Design-Bestseller im Gartenglück
Wir waren für unseren kurzen Aufenthalt im Gartenglück untergebracht. Die Stube im 1. Obergeschoss ist großzügig geschnitten, ohne weitläufig zu sein. Türen gibt es, wie in der berge durchaus üblich, nur sporadisch. Und so steht man nach einem kurzen Gang durch den Flur im offen gestalteten Wohn- und Essbereich. Breite Holzdielen, weiße und lehmfarbene Wände, Balkonzugang und ein Blick auf die Berge. Außerdem ein Schlafzimmer und ein kleines Bad. Das alles auf komfortablen 58m2. Ganz witzig: auf Wunsch lässt sich das Gartenglück über eine Verbindungstür mit dem nebenliegenden Vorderstübchen verbinden.
Soweit die Rohdaten. Es sind vor allem die Details, die das Gästehaus berge besonders machen. Wollknäuel und Stricknadeln für ein kleines Urlaubsprojekt zum Beispiel, die auf der Fensterbank standen. Extrakissen und weicher Bademantel im Schrank. Baumwollsackerl für den Schlüssel etwas. Und der Blick in den Garten und auf die Kampenwand direkt hinterm Haus zählt auch dazu. Wer möchte nicht morgens mit Blick auf die Berge aufwachen? Oder am Abend den Sonnenuntergang mit einem Getränk in der Hand den Sonnenuntergang auf dem Balkon genießen? In unserem Fall waren es im Übrigen wabernde Nebelschwaden, die uns Flachlandkinder völlig faszinierten. Wie die sich langsam zwischen den Bergen hindurchschoben… toll.
Auf Erkundungstour im Gästehaus berge
Aber kommen wir zurück zum Gästehaus. Hier gibt es viel zu erkunden, selbst bei Niesel und kurzer Besuchsdauer. Das Deckengewölbe des Entrées zum Beispiel. Das alte Klostergewölbe wurde beim Umbau des Hauses erst wieder freigelegt. Zuvor war dieser Bereich lange als Kühlraum genutzt worden und entsprechend verkleidet. Die minimalistische Treppenkonstruktion aus Stahl und dicken Holzbohlen verbindet die drei Ebenen des Gästehauses miteinander. Im Keller gibt es eine Vorratskammer, die Getränke und auch Kochsets bereithält.
Auf uns wartete das Nudelgericht mit dem treffenden Namen Moorrabbiata, dass wir uns in der voll ausgestatteten Küche (Ofen gibt es nicht, ist aber auch nicht notwendig gewesen) selbst in kurzer Zeit zubereiteten. Das Packerl lässt sich außerdem nach Gusto mit frischen Kräutern verfeinern, die im Kräutergarten auf ihren Einsatz warten.
So hell die Unterkünfte zum Teil sind, so stimmungsvoll und fast schon dunkel sind die offenen Flächen gestaltet. Die Leseecke mit Großer Nils Holger Moormann FNP-Regalkonfiguration und Bookinist Sesseln passt da perfekt ins Konzept. Überhaupt sind Bücher fester Teil der berge. Im ganzen Haus verteilt finden sich Bücher, die gelesen werden können. Im Garten, auf dem Balkon, auf dem Sofa oder eben in besagter Leseecke.
Die weit verstreute Bibliothek besteht aus literarischen Klassikern und Lieblingsbüchern. Und es lässt sich hier ausgesprochen gut lesen, weil es absichtlich so wenig Ablenkung gibt. Außer man geht aus dem Haus. Das haben wir nach einer nach in bequemen Betten auch getan. Wir sind auf einen Besuch im Showroom von Nils Holger Moormann eingekehrt und haben dort sogar im Archiv stöbern dürfen. Darüber aber berichten wir bei Gelegenheit mehr.
Das Gästehaus berge wird nicht von Heinzelmännchen, sondern von echten Menschen geführt. Die haben wir am nächsten Morgen wie diskrete Hausgeister bei der Arbeit angetroffen. Sie schaffen es, auch in ihrer Abwesenheit, dass man sich hier als Gast wie zuhause fühlen darf. Sollte man Fragen haben, kann man sie jederzeit erreichen. Wie, das verrät eine witzige Leuchttafel im 1. Obergeschoss.
Uns bleibt nach dem Besuch im Gästehaus berge nur eins zu sagen: Danke, es war wieder einmal sehr schön bei euch. Und natürlich können wir uns das obligatorische Versprechen nicht verkneifen: Wir kommen wieder! Auf jeden Fall!
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