
Die 1963 in den Niederlanden geborene Designerin Hella Jongerius ist eine Meisterin der Zusammenführung von Farbe und Material.
Designer im Portrait: Hella Jongerius
Die Niederländerin Hella Jongerius (*1963) gehört zu den berühmtesten Designerinnen unserer Zeit. Sie gilt als Weltstar, die sich in der Welt der Farben am wohlsten fühlt, gemeinsam mit Vitra äußerst produktiv zusammenarbeitet und ihr Atelier Anfang der 2000er von Rotterdam nach Berlin umgesiedelt hat. Der Durchbruch für die Designerin kam mit der Gestaltung eines Waschbeckens aus Polyurethan für Droog Design, es folgte ein inzwischen legendäres Sofa für Vitra, Vasen für Ikea und auch an Porzellankreationen hat sie sich für die Bayrische Manufaktur Nymphenburg herangewagt.

Für Artek hat Hella Jongerius dem Hocker-Klassiker E60 von Alvar Aalto ein neues Farbkonzept verpasst.
Hella Jongerius – die Meisterin von Farbe und Material
Hella Jongerius arbeitet so vielseitig und international wie nur wenige andere ihrer kreativen Peers. Schaut man sich ihr bisheriges Werk an, fallen ein paar Dinge gleich auf. Besonders häufig arbeitet sie mit den Materialien Porzellan und Textil (aber nicht direkt in Kombination miteinander) und Jongerius hat keine Berührungsängste mit Farben – eine Gemeinsamkeit, die sie mit ihrer Designkollegin Patricia Urquiola zu teilen scheint. Ihr Studio JongeriusLab entwirft aber auch Möbel, unter anderem sehr erfolgreich zusammen mit Vitra und auch Artek. Sie hat die Delegierten Lounge der UN in New York und für die niederländische Fluggesellschaft KLM die Kabinen gestaltet.

Flexibel platzierbar und praktisch sind die runden Coat Dots, die als Haken sowohl zur Nelsen Clock als auch zur “Hang it all” Garderobe passen.
Form, Funktion, Material und Farbe
Ihr Polder Sofa ist einer ihrer frühen Möbelentwürfe (2005) und zugleich einer ihrer erfolgreichsten. Das Sofa für Vitra ist inspiriert von den Polder-Landschaften ihrer niederländischen Heimat, die geprägt ist von horizontalen Deichen und kreuzenden Kanälen. Die ungewöhnlichen, scheinbar nicht perfekten Proportionen machen den Reiz des Sitzmöbels aus. Und genau das scheint auch ihrer Designphilosophie zu entsprechen. Für sie dürfen die Dinge in unserem Zuhause uns lange begleiten und Gebrauchspuren haben. Und selten sind sie dabei perfekt, was eben auch ihren eigenen, persönlichen Charme unterstreicht. Und die Gegenstände in unserem Zuhause dürfen neben Form und Funktion auch Farbe und Material wiedergeben.
Die Farbbiliothekarin
Hella Jongerius hat an der Design Academy Eindhoven studiert und später auch selbst dort unterrichtet. Ihr Sujet ist das Zusammenspiel von Farbe und Produkt, das sie meisterlich beherrscht. Für Vitra, deren Artdirektorin für Farbe und Material sie seit mehr als 10 Jahren ist, hat sie einen Radförmigen Materialkatalog erstellt, in dem auch die Kreationen von den Bouroullecs, Jean Prouvé und Co. für das Label eingebunden sind. Diese „Vitra Library“ vereinfacht das Verstehen und Kombinieren von Farben. Farben wirken am spannendsten in Kombination miteinander, hat Jongerius für sich festgestellt. Deshalb benutzt sie selbst immer wieder Farben in ihren Entwürfen, fügt ihnen aber auch einen neuen Twist hinzu.

Der East River Chair hat je nach Farbwahl einen unterschiedlichen Charakter. Bequem ist er in allen Varianten.

Für Vitra hat Hella Jongerius den Eames Elefanten aus der Dreidimensionalität geholt und als verspieltes Mousepad für den Arbeitsplatz adaptiert.
Beyond the New
Hella Jongerius ist eine Designerin, die andere Wege geht als der Mainstream und die dabei doch so erfolgreich ist, wie nur wenige mit ihr. Dabei stellt sie auch immer wieder die eigene Profession und den Status Quo in Frage. Das zeigt aktuell die Ausstellung „Beyond the New“, die sich dem 2015 in Mailand vorgestelltem Manifest von Jongerius und Designtheoretikerin Louise Schouwenberg widmet. Im Fokus: die Widersprüchlichkeit der Designwelt, einer Branche, die ständig neue Trends und Produkte hervorbringt, aber gleichzeitig den Ethos der Weltverbesserung mit sich führt. Die vergleichsweise kleine Ausstellung ist bis 16. September 2018 in der Neuen Sammlung der Pinakothek der Moderne in München zu sehen – sehr zu empfehlen für alle, die Hella Jongerius‘ Werk und Prinzipien im Kontext begreifen wollen.
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