Designlieblinge: Tulip Chair von Eero Saarinen
Es gibt viele Designer, die mit ihren Entwürfen in den letzten 100 Jahre ihre Spuren im Produktdesign hinterlassen haben. Aber nur wenige von ihnen können als echte Visionäre bezeichnet werden. Eero Saarinen und sein bahnbrechender Tulip Chair gehört aber definitiv dazu. Hauptsächlich war er in der Architektur zuhause. Als Sohn eines legendären Architekten war es mit Sicherheit kein leichtes Unterfangen, aus dem Schatten des Vaters herauszutreten.
Spätestens mit dem berühmten Tulpenstuhl war ihm das endgültig gelungen. Denn der ist ein Möbelklassiker, der bis heute nach seinem Entwurf von Knoll International gefertigt wird. Der US-amerikanische Hersteller fertigt auch die anderen Produkte der Pedestal Group und auch Saarinens Womb Chair. Saarinen war ein guter Freund Florence Knolls, der späteren Ehefrau des Unternehmensgründers Hans Knoll.
Designliebling Tulip Chair: Finnisch-amerikanisches Design für die Moderne
Eero Saarinen war mit seiner organisch-eleganten Formsprache einer der prägendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Sein berühmtester Entwurf aus dem Bereich Möbeldesign stammt aus dem Jahre 1955 : Der Tulip Chair, der auch – leicht abgewandelt – in der Fernsehserie Star Trek zu sehen ist. Ähnlich wie sein Zeitgenosse Alvar Aalto, war Eero Saarinen daran interessiert, eine flüssig-organische Herangehensweise an Design zu praktizieren. Anders als Aalto aber ließ sich Saarinen schnell voll und ganz auf die neuen und innovativen Materialien ein, die in den 1950er Jahren populär wurden: Aluminiumguss und Kunststoffe wie Fiberglas.
Bei seiner revolutionären Herangehensweise an den Tulip Chair und damit an die gesamte Pedestal Gruppe, war es Saarinen ein ausgesprochenes Bedürfnis seine Stühle aus einem Guss zu fertigen. Dies scheiterte jedoch an den damaligen Möglichkeiten, sodass der Tulip Chair auf einer Basis aus mit Kunststoff überzogenem Aluminium steht, die Sitzschale hingegen aus Fiberglas. Durch die gleiche Oberflächenbehandlung jedoch wirkt das Sitzmöbel jedoch so, als bestünde es aus nur einer Form.
Ein Statement gegen das „Wirrwarr der Beine“
Der Tulip Chair wurde und wird mit oder ohne Armlehnen angeboten und war Teil einer Saarinen-Kollektion von Tischen und Stühlen, die als Pedestal Group bezeichnet und in Zusammenarbeit mit Florence Knoll hergestellt wurde. Ergänzen lässt sich der Tulip Chair mit dem dazugehörigen Esstisch von 1957, der ebenfalls mit nur einem Bein ausgestattet ist. Beide Möbel folgen so Saarinens Devise, dem omnipräsenten „Wirrwarr der Stuhlbeine“ ein Ende zu setzen.
Der Sockel, der allen Stücken der Pedestal Gruppe gemein ist, Hockern, Stühlen, Ess-, Couch- und Beistelltischen, war Saarinens Lösung im Stuhlbeindurcheinander. Der Tulip Chair ging in die Designgeschichte als einer der ersten einbeinigen Stühle überhaupt. Dass es davon bis dahin noch kein vergleichbares Produkt gab, dessen war sich der Designer durchaus bewusst. Er nahm sich dieses Vorhabens bewusst an. Der Tulip Chair ist ein drehbarer Sockelstuhl mit einer Basis aus Aluminiumdruckguss und einer geformten Fiberglassitzschale. Die Verwendung von Fiberglas war damals eine echte Innovation, an die sich gerade erst die ersten Formgeber für neue Entwürfe und Produkte heranwagten. Neben Saarinen waren es auch Ray & Charles Eames, das befreundete Designerpaar, die sich intensiv mit diesem Werkstoff auseinandersetzten.
Tulpenzeit im Möbeldesign
Die Form der Tulip Chairs erinnert stark an eine Tulpe. Oder anders gesagt: Der trompetenartige Fuß und die Sitzschale erinnern an die Form eines Weinglases. Das wiederum ist ja auch an diese Frühlingsblume angelehnt. Bei der Tulpe an sich lässt sich auf den ersten Blick schon zwischen Blüte und Stiel differenzieren. Das aber wollte der Designer bei seinem Stuhl nicht, deshalb die einheitliche, nahtlos ineinander übergehende Form- und Farbgebung. Bis heute ist der Tulip Chair so beliebt wie zur Zeit seiner ersten Präsentation.
Nicht viele einbeinige Stühle haben eine solche Beliebtheit erlangt wieder Tulip Chair. Das liegt sicher auch an seinem Wiedererkennungswert. Heute ist er ein Designklassiker, der bei Designmöbelenthusiasten wahlweise für Herzrasen oder Schnappatmung sorgt. Als Eero Saarinen 1961 starb, war der Tulpenstuhl ein bekanntes Produkt. Mit welcher Leidenschaft das Möbel aber auch Jahrzehnte später noch gefeiert und geliebt werden würde, das konnte selbst der Designer zu Lebzeiten nicht ahnen.
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