Der Vitra Campus in Weil am Rhein ist für passionierte Designfans fast schon so etwas wie ein Wallfahrtsort der Architektur und des zeitlosen Designs. Gebäude von Pritzker-Preisträger:innen und ikonisches Design treffen hier in einer bezaubernden Landschaft aufeinander und begeistern Besucher und Kunden aus der ganzen Welt. Auch wir sind von dem sich ständig weiterentwickelnden Gelände fasziniert und nahmen deshalb mit Kusshand die Einladung zu den Vitra Campustagen an. Hier blicken wir auf unseren zweitägigen Ausflug ins Vitra Designparadies zurück und nehmen euch in unserem Reisetagebucheintrag digital mit.
Vitra Campustage 2024
Einmal im Jahr lädt Vitra Händler aus Deutschland zu einem Besuch auf das Werksgelände im Dreiländereck Deutschland-Schweiz-Frankreich ein, um in die Produktwelt der Schweizer Traditionsmarke einzutauchen und den Campus mit Werkshallen, Schaudepot, Vitra Haus etc. ausgiebig zu erkunden. In den ersten Tagen des Sommers also machten wir uns auf den Weg, um mit Kolleg:innen aus der Branche zwei Tage auf dem Vitra Campus zu verbringen.
Tag 1 – Kultur, Kunst und Genuss
Der erste Programmpunkt fand an einem sommerlichen Sonntag, dem vorletzten Juni-Tag, im Vitra Haus statt. Bei einem herzlichen Willkommen in der Material Library trafen wir bei Kaffee und Kuchen auf unsere Kolleg:innen aus der Möbelbranche und führten interessante Gespräche.
Mit dem Transfer ging es nach einer kurzen Vorstellungsrunde zur Fondation Beyeler. Zum ersten Mal in der mehr als 25-jährigen Geschichte der Fondation Beyeler ist das gesamte Museum, eines der bedeutendsten der Schweiz, sowie der Park rundum, Schauplatz einer experimentellen Präsentation zeitgenössischer Kunst. Die diesjährige Sommerausstellung versteht sich als ein lebender Organismus. So wie sich das Leben und die Natur verändert, ist auch die Ausstellung darauf ausgelegt als ebendiese wandelnde Erfahrung wahrgenommen zu werden und Morgen ganz anders zu wirken als Heute.
Wir treffen an diesem Sonntag auf sich bewegende Bilder auf riesigen Leinwänden, auf Nebelinstallationen, auf ein Monster im bunten Schmetterlingshaus und einer als Müllhaufen lebenden Waschmaschine. Die Verflechtungen zwischen den einzelnen Arbeiten werden von Beginn an in engem Dialog mit den Künstler:innen entwickelt. Im Fokus steht das Thema der Wandelbarkeit.
Nach einer Menge inspirativen Eindrücken der Ausstellung ging es bei Abendsonne entlang des Rehberger-Wegs zum Dinner ins Café GUPI, einem ehemaligen Gärtnerhaus im Läublinpark. Das Areal diente lange Zeit als Sommersitz für Basler Industriellen- und Patrizierfamilien. Chefkoch Christoph zeigt uns seine Leidenschaft für Haute Cuisine und bringt uns den Geschmack der Region bei lokalen Gutedel und Pinot Weingläsern näher.
Serviert werden Köstlichkeiten wie Fregola Sarda, Tomate mit Wassermelone und Burrata, Pfifferlinge auf Sauerteig Baguette und Dulcey Schokolade als Nachtisch. Auf der Terrasse des Cafés lassen wir den Abend glücklich ausklingen. Danke an das gesamte Café Gupi Team für den hervorragenden Service!
Tag 2 – Zukunftsvisionen und Designklassiker
Nach einem üppigen Frühstück und einer kurzen Nacht in Lörrach ging es mit dem Transfer früh um 9 Uhr zurück auf den Campus, wo wir von Vitra CSO Roman Ehrhardt herzlich begrüßt wurden. Auf dem Campus durften wir die Neuheiten, darunter das Anagram Sofa, in der Blackbox bestaunen, probesitzen und für gut befinden. Der Name des Sofas ist mehr als passend gewählt. Diese Neuheit ist eine Familie von Elementen, mit denen auf spontane alltägliche Anforderungen ebenso reagiert werden kann wie auf große Lebensveränderungen.
Die Module sind als Inseln gestaltet, die sich an allen vier Seiten mit anderen Modulen kombinieren lassen und mit Elementen wie Rücken- und Seitenlehnen sowie Anstecktischen ergänzt werden können. Dadurch ergeben sich zahllose Konfigurationsmöglichkeiten und eine unkomplizierte Anpassung an neue Lebensräume ist jederzeit möglich. Die Stoffbezüge von Anagram sind einfach abnehmbar, was eine leichte Reinigung oder einen Austausch ermöglicht. Alle Teile sind separat montiert – nichts ist verklebt oder umschäumt. Dies erlaubt am Ende des Produktlebens eine saubere Trennung und Entsorgung.
Für dieses Sofa hat Vitra erstmals mit dem Designerduo Panter & Tourron aus Italien und Frankreich zusammengearbeitet. Stefano Panterotto und Alexis Tourron arbeiten an der Schnittstelle von Design, Technologie und Gesellschaft und haben sich intensiv mit nachhaltigen Wohn- und Lebensformen der Zukunft beschäftigt. Als Vitra sie bat, ein Sofa zu entwerfen, das für mindestens die nächsten 30 Jahre relevant bleibt, entwickelten sie ein flexibles Lounge-System, das sich sowohl kurz- als auch langfristig an die sich ständig ändernden Bedürfnisse des zukünftigen Wohnens und Arbeitens anpasst.
Im Laufe ihrer Forschungen stellten sie fest, dass Grenzen, wie beispielsweise zwischen Zuhause und Büro, zunehmend verschwimmen. Sie sagen: „Anagram ist nicht nur ein bequemes Sofa. Es ist ein flexibles Lounge-System, das sich in Sekundenschnelle an wechselnde Bedürfnisse anpassen lässt.“
Nach diesem Highlight ging es zum nächsten Programmpunkt der Vitra Campustage in die Villa Hager. Vitras roter Faden „Less, but better“ ist auch hier deutlich spürbar. Das größte Nachhaltigkeitsversprechen der Marke bleibt zeitloses Design und dadurch Langlebigkeit. Wir entdecken einige Neuheiten und dürfen erste Aktionen zur Weihnachtskampagne erfahren.
Next Stop: Vitra Design Museum. Im Rahmen der neuen Ausstellung „Transform! Design und die Zukunft der Energie“ im Vitra Design Museum erfahren wir dann über spannende Entwicklungen rund um das Thema Design und Zukunft der Energie. So beansprucht jede Form der Energiegewinnung Raum. Dabei ist energetische Planung nicht unbedingt auf High Tech angewiesen. Dies beweist das „The Day After House“ Konzept aus Madrid.
Für die Renovierung eines 110 qm großen Apartments mit minimalem Budget schuf das Architekturbüro TAKK eine vollkommen neue Raumaufteilung: mit drei ineinander verschachtelten Boxen die in der Wohnung zugleich drei unterschiedliche Klimazonen bilden. Zum Kern der Wohnung nimmt die Isolierung immer mehr zu, der Energiebedarf wird geringer. Die innerste Box mit einem Schlafzimmer sowie die darum gelagerte Wohnzone und ein Küchenbereich bilden das Winterhaus. Für den Innenausbau wurden Kork und Holz verwendet, Materialien die isolierend wirken und sich schnell erwärmen. Die anderen 50qm der Wohnung bilden das Sommerhaus. Hier sind die Wände, Böden und Decken nur mit Zementmörtel verputzt. Beide Zonen sind über ein Falttürsystem miteinander verbunden.
Über den Campus ging es nach viel Input zum Thema Energie zum aktiveren, kreativen Workshop-Part der Vitra Campustage. Wir durften im Rahmen des Kreativworkshops unser eigenes Insektenhotel gestalten. Die bienenfreundlichen Farben stammen von Anna von Mangoldt Farben. 2020 wurde der Campus durch den Garten des niederländischen Designers Piet Oudolf erweitert und beheimatet seit 2021 Tiere. Zwei Vitra Mitarbeiter pflegen hier Bienenvölker, die sich von den Stauden auf dem Campus ernähren. Rund 8 Kilo Honig im Jahr produzieren die Vitra Bienen und bieten Anlass für Veranstaltungen und Gespräche rund um Biodiversität. Insgesamt 3 Bienenvölker leben in den Kästen am Rande des Vitra Gartens, welche sie sich mit den Wildbienen der Region teilen.
Über den Campus ging es zurück zum Lunch ins Vitra Haus Café. Mit einer Gazpacho und einem Sommersalat im Magen sowie einer kurzen Espresso Pause in der Sonne ging es zum Rundgang durch das Vitra Haus und der Vorstellung des neu gestalteten Lofts von Sabine Marcelis.
Im Vitra Haus lohnt es sich übrigens die Treppe zu nehmen, die auf wunderschöne Art und Weise die Geschichte Vitras skizziert, und von der obersten Etage anzufangen. Das Loft von Sabine Marcellis ist eine neue Installation in Level 4. Die Entwürfe der niederländischen Designerin kommen in diesem offenen Raumkonzept gut zur Geltung, denn die funktionalen Zonen sind einzig und allein unterteilt durch Farbschemen. Es gibt keine Wände oder Ähnliches – vom mintgrünen Wohnzimmer über das zitronengelbe Arbeitszimmer bis hin zum Badezimmer in zartem Rosa. Darüber hinaus erwarteten uns auch auf den weiteren Etagen des Vitra Hauses inspirative Einrichtungsideen, Designklassiker, Esszimmer-Stühle zum Probesitzen, wie beispielsweise der neue Mikado Chair und vieles mehr.
Über den Garten ging es abschließend zu einigen architektonischen Campus Perlen, wie der von Jean und Henri Prouvé entworfene PROUVÉ Tankstelle, die zu den ersten seriengefertigten Tankstellen gehört. Weitere beeindruckende Bauten sind das aus nachhaltigen Materialien errichtete Tane Garden House von Tsuyoshi Tane und das Khudi Bari von Marina Tabassum, eine kostengünstige, mobile Wohnlösung für von Überschwemmungen betroffene Menschen in Bangladesch sowie das ursprünglich in Tokio stehende Umbrella House. Letzteres ist im Übrigen der neueste Zugang architektonischer Schätze auf dem Vitra Campus.
Nach zwei mit Inspiration vollgepackten Tagen nahmen wir Abschied vom Campus. Wir danken dem Team ganz herzlich für die Einladung zu den Vitra Campustagen und freuen uns schon auf den nächsten Besuch in Weil am Rhein. Denn wir kommen wieder, ganz bestimmt!
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