Nachdem wir in den vergangenen Wochen jede Menge Impressionen unserer Kopenhagenreise mit euch geteilt haben, möchten wir uns vorerst ganz dem deutschen Möbeldesign widmen. Und wer könnte hier besser den Anfang machen als Nils Holger Moormann?!
Denn der Autodidakt, Globetrotter und Freigeist prägt seit 1982 mit seinen durchdachten Möbelstücken Möbeldesign made in Germany wie kein anderer. Unsere Redakteurin Sarah hat den Querdenker Nils Holger Moormann an einem herbstlichen Montagabend in seinem Firmensitz in Aschau im Chiemgau besucht und ihn zum Interview getroffen.
Im Interview mit Nils Holger Moormann
“Sie kommen gerade aus dem Urlaub. Wo waren Sie?”
“Ja, ich war 10 Tage im Friaul, in Italien. Nicht nur lagen die Menschen, deren Profession es ist, das Wetter zu prognostizieren,komplett daneben, ich habe auch nochden Fehler gemacht und bin ans Telefon gegangen. Das mache ich sonst nie. Normalerweise bin ich nicht erreichbar, für niemanden, weder per Telefon noch per Mail. Das ziehe ich selbst sechs Wochen am Stück durch.
Keine Ahnung, was mich dieses Mal geritten hat. Jedenfalls war der Urlaub ab dem Telefonat, spätestens aber ab dem Zeitpunkt, wo ich meine Mails abgerufen habe, gelaufen. Und dann noch dieses Wetter. Dabei liebe ich Italien. Aber was soll`s.”
“Gönnen Sie sich regelmäßig eine kleine Auszeit, um die Batterien wieder aufzuladen?”
“Definitiv. Wenn man so wie ich voller Leidenschaft für das ist, was man tut, sind regelmäßige Auszeiten enorm wichtig. Ein Mal im Jahr bin ich 6 Wochen weg und tauche ab.
Ich bin ein Individualreisender, ein Globetrotter, neugierig, ein Getriebener – für mich ist Action Entspannung. Ich bin immer in Bewegung. Und dabei reise ich immer mit dem Fahrrad. Naja, zumindest bis vor meinem Unfall vor einigen Jahren. Seitdem reise ich vermehrt mit einem Wohnmobil, das ich selbst ausgebaut habe.
Der Typograf und Autor Kurt Weidemann hat mich einst sehr treffend beschrieben:
„Der Nils ist einer, der mit dem Kopf durch die Wand geht, aber weiß, wo die Wand anfängt.“
“Sammeln Sie dabei auch neue Ideen? Oder wo lassen Sie sich inspirieren?”
“Im Urlaub werde ich frei für die leisen Töne. Denn wie sagte ein Mitarbeiter von mir so schön:
„Design ist wie ein scheues Reh, das musst Du fangen, wenn Du es einmal siehst!“
Meine Ideen, die sind plötzlich da oder auch nicht. Im Urlaub muss der Tank also wieder aufgefüllt werden.”
“Können Sie mir kurz erzählen, wie Sie von der Juristerei zum Möbeldesign gekommen sind?”
“Ja, aber nur 8 Semester – oder immerhin. Damals musste man sozusagen nach dem Abitur studieren. Und da man mit Jura alles machen kann, begann ich direkt nach dem Abschluss mein Jurastudium. Dabei wusste ich ab dem ersten Tag, dass das gar nicht mein Fall war. Aber mein Ehrgeiz hat mich dennoch 8 Semester durchziehen lassen. Das war die schlimmste Zeit meines Lebens – neben der Schule. Denn ich war damals schon auf dem falschen Gymnasium. Das war naturwissenschaftlich-mathematisch ausgerichtet. Einfach furchtbar.
Aber ich habe lange gesucht und irgendwann kam ein Zufall. Ich traf einen Architekten, der Möbel machte. Das verstand ich nicht und machte für mich keinen Sinn. Aber es faszinierte mich und ich dachte, das wär was für mich. Doch wusste ich immer noch nicht, was ich werden wollte. Ich habe mich langsam in der Szene bewegt und war sehr wissbegierig. Als Autodidakt habe ich Detail für Detail aufgebaut, bis das Bild irgendwann scharf war. Eine echte Tellerwäscher-Story sozusagen.”
“Und wie kam dann noch das eigene Gästehaus, das berge, dazu?”
“Das war auch wieder so eine Geschichte ohne Kapital und Businessplan. Denn berge haben wir eigentlich gekauft, weil wir unsere Logistik auf dem Grundstück bauen wollten. Mit 8 Semestern Jura hätte ich mit den Kaufvertrag mal besser genauer durchlesen sollen. Dann hätte ich gewusst, dass es für einen wichtigen Teilbereich des Grundstücks ein Bebauungsverbot gab.
Nun ja, und da stand es nun, dieses alte Haus, dessen Dach als allererstes in Stand gesetzt werden musste. Und obwohl wir noch nicht wussten, was damit geschehen sollte, folgten nach und nach immer mehr Instandsetzungen und ich verlor mich in dem Projekt.
Irgendwann mussten wir Nägel mit Köpfen machen, weil wir schon so viel Geld investiert hatten. Zum Glück lief damals gut, sonst hätten wir uns das alles nicht leisten können.”
“Was denken Sie macht Moormann aus?”
“Es ist das Ganze – die Konsequenz in allen Details. Wir erzählen eine schöne Geschichte. Wir sind authentisch. Alles ist 100% regional. Die Zulieferer dürfen bei uns nur eineinhalb Stunden mit dem Fahrrad entfernt sein. Das ermöglicht uns auch mal ungeplante Änderungen. Wir profitieren stark von der Erfahrung und dem Wissen unserer Zulieferer. Zudem sind unsere Möbel manchmal kleine Möbelerfindungen.”
“Und was darf einem Möbelstück von Moormann keinesfalls fehlen?”
“Neben der Geschichte und der Nachhaltigkeit darf die Möbelerfindung nicht fehlen. Darüber hinaus ist uns eine hohe Mobilität wichtig. Die Möbel müssen zerlegbar sein und Umzüge mitmachen. Aber unsere Möbel sind eben auch aus ehrlichen Materialien gefertigt, die leben und mit dem Alter reifen.”
“Können Sie mir sagen, was das bisher erfolgreichste Möbelstück von Moormann war?”
“Das ist noch immer das FNP Regal. Ein Klassiker, der überaus vielseitig ist.”
“Und welches Ihrer Designs gefällt Ihnen persönlich am besten und warum?”
“Der Beistelltisch Abgemahnt. Er ist wie ein kleines, schräges Vögelchen, das durchs Wohnzimmer stelzt.”
“Welche Moormann-Möbel findet man denn bei Ihnen Zuhause und wie würden Sie Ihren eigenen Einrichtungsstil beschreiben?”
“Ich wohne sehr rudimentär in einem alten Bauernhaus. Zu finden sind da nur FNP-Regale für all meine Bücher. Viele FNP-Regale. Ich liebe Bücher. Und vielleicht ist da auch ein Beistelltisch.”
“Warum hat es gerade bei Ihnen geklappt?”
“Ich brenne einfach für das, was ich mache. Ich bin ein Getriebener! Mich treibt die Kreativität.”
Copyright for imagery: Jäger & Jäger, Julia Rotter und Nild Holger Moormann GmbH
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