
Ein Ort, der den Titel “Tanztempel” verdiente und in der Ausstellung Night Fever im Vitra Design Museum gezeigt wird: die Diskothek Flash Back im italienischen Borgo San Dalmazzo (ca. 1972). © Paolo Mussat Sartor
Night Fever im Vitra Design Museum
Wie hängen Design, Musik und Clubkultur zusammen? Das beleuchtete die aktuelle Ausstellung “Night Fever. Design und Clubkultur 1960 – heute” im Vitra Design Museum. Die Ausstellung beginnt mit einem Rückblick auf die legendären Clubs der 1960er Jahre, die als Experimentierfläche für Musik, Video, Architektur und unkonventionelle Lebensentwürfe galten. Zum ersten Mal gestalteten Architekten und Designer gleichermaßen diese Orte der Subkultur und des Nachtlebens. In New York war das der Electric Circus, gestaltet vom Architekten Charles Forsberg in Zusammenarbeit mit dem Grafikdesign-Duo Charmayeff & Geismar.

Night Fever zum Hören und Sehen.

Mit der Kommerzialisierung der Disco-Bewegung und dem Film Saturday Night Fever kam das Ende selbiger.
Italien Nights im Tanztempel
Aber nicht nur in den USA sendete die Clubkultur der 1960er neue Impulse. Auch und vor allem in Italien lebten die Nachtklubs durch ihren multidimensionalen Charakter erst so richtig auf. Der Club Piper in Turin war als multifunktioneller Raum konzipiert. Er beherbergte modulare Möbel, die bei Bedarf Raum zum Tanzen, für Konzerte, Happenings und Experimentaltheater boten.
Ausstellungsmacher und Designer Konstantin Gcrcic über das Verhältnis von Interieur zur Qualität der Party:
Natürlich haben die Musik und die Leute die eigentliche Party ausgemacht. Aber das Interieur spielte dabei eine wichtige Rolle, weil es sich zur Projektionsfläche für Identifikation eignete. Das Interieur war eine künstliche, kunstvolle Kulisse, aber es war aus bekannten Versatzstücken des realen Lebens konstruiert.

Disco lebt weiter – zumindest noch bis September im Vitra Design Museum.

Häufig gesehene Gäste im legendären Studio 54 zwischen 1977 und 1979: Andy Warhol und Grace Jones. © Hasse Persson & © Volker Hinz
Follow the Call of the Disco Ball
Auf die enge Verbindung von Musik und Innenarchitektur folgte die Disco-Ära, die Nachtklubs von Horten der Subkultur zu Sehnsuchtsorten für die breite Masse erhob. Der Dancefloor wurde zur Bühne und die Clubkultur quasi zur immersiven Performance. Das Studio 54 eröffnete im New York der 1970er Jahren und avancierte zum Wohnzimmer für Stars, Künstler und Lebenskünstler. Andy Warhol gehörte zum Nachtleben der Disco-Ära, ebenso solch illustre Gäste wie Bianca Jagger, Grace Jones und Salvador Dalí. Jetzt liegt es aber in der Natur der einzelnen Clubs, und seien sie noch so legendär, dass sie nur eine vergleichsweise kurze Halbwertzeit haben. Die Hochzeit des Discofiebers und damit des Studio 54 dauerte nur etwas mehr als 2 Jahre. Und auch das ist Thema der Ausstellung im Vitra Design Museum: wie sich die Clubs und die dazugehörige Szene ständig wandeln, verschwinden, neuerfinden und andernorts etwas Neues entsteht.

Reinschnuppern in das nachtleben vergangener Tage. Viele Nachtclubs selbst sind inzwischen Geschichte, wurden aus den Städten hinaus gedrängt oder existieren nur noch als Ruinen einer feierfreudigen Vergangenheit

Keith Haring durfte sich im Palladium in New York aktiv bei der Wandgestaltung einbringen. Das Konzept des Interiordesigns stammt vom japanischen Architekten Arata Isozaki.
Night Fever am helllichten Tag
Die Ausstellung, gestaltet von Designer Konstantin Grcic und Lichtdesigner Matthias Singer, erzählt chronologisch die Geschichte der Clubkultur und lässt den Besucher durch Musik- und Lichtinstallationen in diese (vergangene) Welt eintauchen. Ergänzt wird die Ausstellung durch ausgewählte Plattencover, die den Zusammenhang von Musik, Nachtclubs und (Grafik)Design anschaulich bebildern. Noch bis 9. September 2018 kann Night Fever im Vitra Design Museum auf dem Vitra Campus in Weil am Rhein besucht werden. Wer also in der Gegend Sommerurlaub macht, dem ist ein Abstecher auf den Campus dringend zu empfehlen.

Adidas brachte einen Schuh mit dem Namen The Hacienda heraus, angelehnt an den gleichnamigen Club in Manchester, der Acid House und Rave populär machte. Das Farbkonzept der Location spiegelt sich eindeutig erkennbar im Schuhdesign wieder.
Übrigens: die Münchner Designerin, DJane und Dozentin Ayzit Bostan hat den zur Ausstellung passenden Sound in einer kleinen aber feinen Spotify Playlist gesammelt. Reinhören lohnt sich!
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