Es gibt Objekte, die hinterlassen einen bleibenden Eindruck beim Betrachter. Das können große oder kleine Designobjekte sein, genauso wie Kunstwerke oder scheinbar gewöhnliche Alltagsgegenstände. Und dann gibt es Dinge bzw. Produkte, die wecken in Menschen dieses „Das möchte ich haben“-Gefühl. Die Cesta Leuchte von Santa & Cole ist so ein Objekt, weshalb sie den Auftakt zu unserer neuen Serie „Objekt der Begierde“ gibt.
Cesta Leuchte von Miguel Milà
Der Ursprung der bekannten Cesta Leuchte geht auf eine Zeit zurück, als die Straßenbeleuchtung noch nicht elektrisch war. Und zugleich ist ihr Design so modern, dass sie erst vor kurzem entwickelt worden sein könnte. Designt wurde sie 1962 von Miguel Milà, der sie aus einer Kunststoffkugel und Rattan konstruierte. Heute besteht sie jedoch aus einem geschwungenen Kirschholzgestell und einer Opalglas-Kugel. Die Grundidee aber ist noch immer die gleiche. Sowohl in den Anfangstagen ihrer Produktion als auch heute wird sie vollständig von Hand hergestellt.
Vom Kunststoffballon zum begehrten Designobjekt
Die Cesta Leuchte ist ein Objekt von schlichter Schönheit und herausragender visueller Stärke. Das dürfte auch der Grund sein, warum die handliche Lampe heute als Ikone des zeitgenössischen spanischen Designs gilt. Zwar wirkt sie aufgrund der verwendeten Materialien, als wäre sie japanischen Ursprungs, sie bedient sich jedoch lokaler Bauteile.
Der Glaskörper war der Ausgangspunkt für das Design. Der katalanische Designer fand eines Tages einen verlassenen Opalinball auf der Straße, der ihm gefiel. Es war also nicht etwas, das er vorher gezeichnet hatte, die Kugel existierte bereits. Bei der Überlegung für eine originelle als auch funktionelle Anwendung kam Milà der Gedanke, sie in einen Korb zu legen – um sie von A nach B tragen zu können. Deshalb entschied er sich für ein Gestell aus Rattan mit Henkel. Diese Leuchte, die auf Spanisch Korb genannt wird, ist das Ergebnis.
Aus Rattan und mit einem Ballon aus Kunststoff wurde die Cesta Leuchte hergestellt, bis das spanische Unternehmen Santa & Cole die leuchtende Ikone 1996 in ihren Katalog aufnahm. Cesta und ihre kleinere Schwester Cestita bestanden in ihrer ursprünglichen Version aus leichtem Kunststoff und Rattan. Als Lichtquelle kam eine einfache Glühbirne zum Einsatz. Das brachte gleich zwei Probleme mit sich. Cesta und Cestita waren sehr leicht, weshalb die Leuchte leicht umfiel. Und weil die Kugel aus einfachem Plastik war, konnte eine Glühbirne den Leuchtschirm durchaus verformen oder gar durchbrennen.
Als das Problem von Santa & Cole mit dem Designer betrachtet wurde, arbeiten sie gemeinsam an einer Lösung. Als erstes wurde die Plastikkugel durch eine Glaskugel ersetzt. Das wiederum bedeutete, dass das Rattangestell zu instabil für das fragile Glas wurde und sie entschieden sich gemeinsam, auf Holz umzusteigen. Miguel Milà hält die Aktualisierung der Cesta Leuchte für einen wesentlichen Grund für ihren anhalten Erfolg. Inzwischen gibt es eine ganze Cesta Familie, die sich in Größe, Material und auch technisch unterscheiden.
Objekt der Begierde: Qualität und ästhetischer Anspruch
Was aber macht die Cesta Leuchte und ihre Ableger zu einem Objekt der Begierde? Ist es ihre Eleganz und formale Reinheit? Ist es ihre originelle Idee, eine Leuchte tragbar zu machen? Oder ist es die herausragende Handarbeit, die man dem feinen Lichtobjekt schon von weitem ansieht? Die Antwort lautet: aus all diesen Gründen. Die Lampe war von Anfang an dafür gedacht mobil zu sein und auf verschiedenen Oberflächen platziert zu werden. Auf der Treppe, der Kommode, egal wo. Die kabellose Cestita kann bei trockenen Wetterbegebenheiten sogar auf der Terrasse oder im Garten leuchten.
Sie wird komplett handgefertigt in Europa und sie ist heute vielleicht auch darum beliebter als zu ihrem Relaunch 1996, weil man sich die Menschen erst einmal an diese doch eher ungewöhnliche Lampe herantasten mussten. Die niedrige Bodenleuchte vermittelt Gelassenheit und passt gut in eine ruhige, warme Atmosphäre. Das ist heute üblicher als noch Mitte der 1990er Jahre. Auch der Kostenpunkt ist nicht unerheblich. Handarbeit kostet Geld, ist es aber in der Regel auch wert, weil diese Dinge länger halten. Das Bewusstsein dafür ist aktuell recht ausgeprägt. Deshalb dürften sich auch junge Menschen sehr für die Cesta Leuchte von Miguel Milà begeistern.
Miguel Milà – Maestro und Designverbesserer
Manchmal schaffen es ausgerechnet die Menschen an die Spitze ihres Faches, die mit schulischen Erfolgen nicht unbedingt glänzen. Miguel Milà gilt als einer der Pioniere des modernen spanischen Designs, und das, ohne ein Studium abgeschlossen zu haben. An der Universität in Barcelona studierte er lange Architektur, machte aber nie seinen Abschluss. Gleichzeitig schätzt er seinen langen Aufenthalt an der Hochschule, weil er bei so ziemlich allen Lehrenden des Fachbereichs Architektur am Unterricht teilnahm.
Irgendwann aber langweilte ihn das akademische Studium und er begann ohne Abschluss im Architekturbüro seines Bruders Alfonso als Innenarchitekt zu arbeiten. Der Weg von der Raumkonstruktion zum Entwerfer war dann ein für die Zeit eher typischer. Weil es keine seinen ästhetischen Ansprüchen genügenden Möbel, Lampen etc. gab, entwarf er sie kurzerhand einfach selbst. So wurde aus dem Architekten ohne Diplom ein semi-autodidaktischer Designer.
Der Mangel an Gegenständen, Mitteln und Rohstoffen inspirierte ihn, seine eigenen Möbel und Lampen zu entwerfen. Die Cesta Leuchte ist das Ergebnis dieses Mangels. Aus Mangel können mitunter die spannendsten Ideen und Lösungen entstehen. Später gründete er seine eigene Firma, “Tramo” (Trabajos Molestos, auf Deutsch: lästige Arbeiten) zusammen mit den Architekten und Freunden Ribas Barangé und E. Pérez Ullibarri. TRAMO war ein Unternehmen, dass handwerklichen Können mit industrieller Produktion verband. Außerdem betrieb er sein eigenes Industrie- und Innenarchitekturstudio.
Miguel Milà hat einen Designanspruch, den viele Designer heute teilen, der in der Zeit der Franco Diktatur in Spanien jedoch längst nicht Konsens war. Seine Entwürfe sollen etwas besser machen. Ein Produkt, einen Prozess, was auch immer. Wenn er beispielsweise eine Stehleuchte entwarf, dann muss die etwas Neues können, was ihre Nutzung angenehmer macht. Seine Arbeit konzentriert sich im Grunde darauf, Tradition auf den neuesten Stand zu bringen. Er gilt als vorindustrieller Designer und nähert sich mit seiner Herangehensweise an das Design der Figur des Handwerkers an, der sich um die Arbeit kümmert, die verschiedenen Prozesse kontrolliert und Fehler durch die Arbeit an Modellen und Prototypen korrigiert.
Bis heute ist der Gestalter aus Barcelona an der Weiterentwicklung seiner Entwürfe beteiligt. Wann immer eine Möglichkeit zur Optimierung der eigenen Entwürfe sieht, nutzt er sie. Viele seiner Produkte haben die Umstände, unter denen sie entstanden sind, überwunden und verkaufen sich auch heute noch. Das beweist auch die Cesta Leucht, deren ursprünglicher Geist ihr nach wie vor innewohnt, die in Sachen Material und Technologie aber mit der Zeit geht.
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