Echter Allrounder: Den Triennale-Stuhl S 661 gibt es jetzt als Wiederauflage des Entwurfs von Günter Eberle aus dem Jahr 1954. Was den Thonet S 661 so besonders macht und was über den Designer bekannt ist, erfahrt ihr hier.
Thonet S 661 – Wer steckt dahinter?
Material war in den Nachkriegsjahren und bis weit in die 1950er Jahre hinein knapp. Das Credo, mit wenig Material möglichst viel erreichen zu wollen, war keine ideologische oder ästhetische Entscheidung, sondern reine Notwendigkeit. Aber wie heißt es doch so schön: Not macht erfinderisch. Und so entstanden in diesen Jahren einige der interessantesten Produkte überhaupt, auch im Bereich der Möbel.
Sperrholz, Formholz, Schichtholz – alles drei sind unterschiedliche Bezeichnung für ein und denselben Werkstoff. Aus dünnen, miteinander verklebten Holzschichten entstehen äußerst stabile Bretter für den Möbelbau. Erste Experimente entstanden bereits in den 1940er Jahren in den USA, in den 1950er Jahren wurde Sperrholz dann ein wichtiger Innovationstreiber. Das Material war kostengünstig und zugleich formstabil und verformbar – ideale Voraussetzungen für Architektur und Möbelbau.
Zu Beginn der 1950er-Jahre – das Wirtschaftswunder war bereits in vollem Gange – formte der Designer und Thonet-Mitarbeiter Günter Eberle aus einem Stück Sperrholz einen schlaufenartigen Sitz mit einer markanten Öffnung zwischen Rücken und Sitzfläche und setzte diesen auf ein schlankes Stahlrohrgestell. Der Thonet S 661 Stuhl war geboren. Der plastische Entwurf mit seiner elegant gekurvten Sitzschale aus Formholz wurde anlässlich der Mailänder Designausstellung Triennale im Jahr 1954 mit einer Silbermedaille geadelt und im gleichen Jahr zudem mit dem Preis „Die gute Industrieform“ ausgezeichnet.
Thonet S 611: innovativ und außergewöhnlich modern
Dank seiner Vielseitigkeit und seines effizienten Umgangs mit Material erweist sich der S 661 heute als so zeitgemäß wie damals – und erlebt nun seine Neuauflage in Buche, Eiche oder Nussbaum mit einem schlanken Gestell aus Stahlrohr. Dabei entspricht die Wiederauflage des Stuhls ganz dem Geist unserer Zeit, in der sich immer mehr Menschen freiwillig dazu entscheiden, ressourcenschonender zu leben und zu arbeiten. Ein Stuhl wie der Thonet S 661, der nur wenig Material benötigt und auf Langlebigkeit setzt, kommt da gerade recht.
Der neue alte Stuhl von Thonet ist ein echter Allrounder, der in Essbereich und Küche, Wohnzimmer oder Homeoffice genauso wie in öffentlichen Räumen wie Restaurants oder Wartebereichen einsetzbar ist und nun in verschiedenen Holzarten und farbigen Varianten zur Auswahl steht.
„Der S 661 vereint eine klare Linienführung mit einer präzisen Kontur. Dank seiner Plastizität strahlt er bei aller Leichtigkeit und formalen Zurückhaltung Sympathie aus. Die Zeit ist wieder reif für ein solches Möbel“, so Creative Director Norbert Ruf von Thonet.
Zweidimensionale Werkstoffe werden zu einem dreidimensionalen Objekt geformt, aus Linie und Fläche entsteht Räumlichkeit. Die Materialkombination aus Formholz und Stahlrohr ist dabei typisch Thonet. Die Formholz-Sitzschale des Thonet S 661 Stuhls lebt von der Schönheit des natürlichen Materials und kommt in elegantem Nussbaum oder warm anmutender Eiche daher. Darüber hinaus gibt es den Stuhl in Buche natur sowie rostrot, olivgrün oder schwarz gebeizt. Das Stahlrohrgestell ist wahlweise verchromt, weiß oder schwarz pulverbeschichtet. Die gemaserte Holzoberfläche und die weichen Rundungen lassen den S 661 trotz formaler Reduktion und minimalem Materialeinsatz wohnlich wirken und verleihen ihm eine besondere Präsenz im Raum.
Wer ist Günter Eberle?
Obwohl der Stuhl quasi ein alter Bekannter ist, gibt der Designer hinter dem Thonet S 661 Stuhl bis heute Rätsel auf. Nur wenig ist über Günter Eberle heute noch bekannt. Klar ist, dass der damalige Leiter der Architekturabteilung von Thonet im hessischen Frankenberg diesen Stuhl und zahlreiche andere Werksentwürfe des Traditionsherstellers aus der Zeit zu verantworten hat. Neben einer ausführlichen Abhandlung mit dem Titel „Hinweise für Werbung, Entwurf und Konstruktion“ aus dem Jahr 1956 – eine Arbeitsanleitung für die Bereiche Produktentwicklung und Marketing – sind nur wenige Dokumente oder Informationen von ihm bzw. über ihn zu finden. Was von ihm bleibt, sind diverse Möbelentwürfe, die während seiner Tätigkeit bei Thonet entstanden – einige davon preisgekrönt, wie auch der Thonet S 661.
Mit der Wiederauflage des S 661 Stuhls wird nicht nur ein Schatz aus dem Thonet-Archiv gehoben, sondern obendrein noch ein Rätsel gestellt: Wer war Günter Eberle? Sachdienliche Hinweise zu seiner Person werden weiterhin gesucht und jederzeit gern entgegengenommen.
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