Licht ist zum arbeiten unerlässlich. Das gilt besonders für die langen, kalten Winter in Skandinavien. Eine gute Arbeitsleuchte am Schreibtisch ist deshalb gerade da essentiell, meint Designer Sam Weller. Und er muss es wissen, denn er ist nicht nur für die Entwicklung des Leuchten Programms bei HAY verantwortlich, sondern auch Designer der Fifty-Fifty Arbeitsleuchte, die HAY auf dem Salone del Mobile in Mailand im Frühjahr vorstellte. Wir haben uns mit Sam Weller zum Interview verabredet, um über seinen Arbeitsprozess und die von ihm designte Leuchte gesprochen. Wie langwierig der Prozess von der Idee bis zum fertigen Produkt war und wie sein eigener Arbeitsplatz aussieht, das verrät er uns im Interview.
Fifty-Fifty Designer Sam Weller im Interview
Die Fifty-Fifty Leuchte ist dein erstes kommerzielles Produkt. Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit HAY und wie ist es, mit dem dänische Label zu arbeiten?
SW: Es begann vor etwa fünf, sechs Jahren, als ich gerade meinen Master am Royal College of Art in London abgeschlossen hatte. Ich arbeitete zu der Zeit für meinen ehemaligen Tutor Sebastian Wrong, der gerade eine gemeinsame Kollektion mit HAY entwickelte – Wrong for Hay. In meinem kleinen Studio in East London experimentierte ich nebenbei mit Projekten, die ich bereits vorher angefangen hatte oder die ich nach meinem Master noch weiterentwickelte. Die Fifty-Fifty Leuchte war eines dieser Projekte.
Ich hatte ein skizzenbasiertes Modell gebaut, das die Bewegung und Mechanik zeigte. Und ich beschloss, es Sebastian Wrong und Rolf Hay als Designidee zu zeigen. Beide waren begeistert vom Konzept und planten, das Design zu verwirklichen. Fünf Jahre später, nach Zwischenstopps in Hongkong und China, bekam ich dann tatsächlich die Gelegenheit, die Leuchte umzusetzen – von der ursprünglichen Idee, der Produktentwicklung hin zur Produktion, den anschließenden Tests und der Auslieferung des fertigen Produkts, das man jetzt kaufen kann. Es war ein faszinierender, lehrreicher Prozess, der mir zeigte, wie der gesamte Ablauf von der Idee bis zum Handelsprodukt funktioniert.
Inzwischen leitest du die Beleuchtungssparte von HAY, arbeitest also tagtäglich mit den verschiedensten Leuchten und Lampen. Was an der Fifty-Fifty ist anders und neu?
SW: Von allen neuen Entwicklungen, Ideen und Vorschlägen, die bei uns landen, arbeiten wir letztlich vor allem an denen weiter, die entweder ein bisschen verspielt oder von Grund auf anders sind. Es ist die Grundidee, welche die Designrichtung bestimmt. In der Entwicklungsphase müssen dann die Absicht und Idee des Designs mit der geschäftlichen Seite in Einklang gebrachte werden. Kurz: das Produkt muss am Ende auch finanziell umsetzbar sein.
Bei der Fifty-Fifty Leuchte ist das Konzept einer Arbeitsleuchte basierend auf Gegengewichten nicht unbedingt neu. Dafür aber die Vorstellung, eine Leuchte so weit zu reduzieren, dass am Ende daraus ein sehr feingliedriges Objekt wird. Auch, weil das Gegengewicht in die Vertikale gewandert ist. Für uns einzigartig war außerdem die Tatsache, dass die Lampe quasi um eine verbindende, strangenartige Komponente gebaut wurde, welche die Produktion vereinfachte und im Ergebnis dem Kunden ein nüchtern-sachliches Produkt präsentiert, dessen Funktion sich von selbst erklärt. In ihrer finalen Form ist die Fifty-Fifty Leuchte nostalgisch, ohne retro oder rückständig zu sein. Sie ist kontemporär, sowohl in Bezug auf die Technologie als auch Funktion und Gestalt.
Was war während des Designprozesses der größte Einfluss bzw. woher kam die Inspiration?
SW: Ich denke, wie bei den meisten meiner Arbeiten, ist die Zeit, die ich abseits der alltäglichen Aufgaben mit dem Erkunden neuer Ideen verbringe, zurückzuführen auf meine Wurzeln als Ingenieur und Industriedesigner. Genauso mein Interesse an Konstruktion und Herstellungsverfahren. Ich bin fasziniert von allem Mechanischen und glaube, dass es in einer Welt voller „Schwarzer Spiegel“ (Anm. d. Red.: gemeint sind schwarzen Bildschirme) und auf Hochglanz polierter schwarzer Kisten erfrischend sein kann, Kunden mit anderen Produkten zu konfrontieren. Solchen, in denen die Mechanik und Konstruktion die Gestalt bestimmen. Das ist ehrlich, da wird nichts versteckt. In diesem Sinn bin ich Funktionalist. Als solcher bemühe ich mich, so viel Unnötiges wie möglich bei den vom mir designten Produkten wegzulassen. Als Inspiration für die Fifty-Fifty Leuchte dienten mir Baukräne, auf Gegengewichten basierende Bewegungsabläufe und die Herstellungsprozesse Extrusion und Aluminiumguss.
In deinen Arbeiten wiederholen sich Bauteile und Elemente wie Spannkabel und Klemmen. Ist das eine bewusste Entscheidung oder tauchen die mehr oder weniger zufällig auf?
SW: Das knüpft direkt an meine vorherige Antwort an. Die immer wieder auftauchenden Themen Konstruktion, Ingenieurwesen, Funktionalismus und Ehrlichkeit bei den Produkten sind tatsächlich eine bewusste Entscheidung. Diese technischen Prinzipien als auch andere Designer, die ich bewundere, liefern mir einen Großteil meiner Inspiration. Sie bilden den Ausgangspunkt für meine Exploration und Recherche nach neuen Designideen. Die Überlegungen dabei wiederholen sich zum Teil immer wieder, bevor ein tatsächliches Konzept für ein Produkt entsteht – wenn überhaupt. Nicht immer machen sie sich bezahlt, aber das liegt in der Natur der Sache, denke ich. Damit Hand in Hand geht der Gedanke des „Thinking through making“ (in etwa: „die Idee entsteht beim Machen“). Dabei geht viel Zeit für schnelle Modelle und richtige Skizzen auf Papier drauf. Der Computer wird nur benutzt, um Ideen festzuhalten oder um eine bestimmte Bewegung zu simulieren, anstatt sich ganz auf ihn bei der Lösungsfindung zu stützen.
Wie sieht eigentlich dein Arbeitsplatz aus? Und was bevorzugst du: Natürliches Licht oder den konzentrierten Strahl einer guten Schreibtischleuchte?
SW: Im Büro als auch in meinem Zuhause herrscht im Moment kontrolliertes Chaos. Es gibt da aber schon eine gewisse Ordnung, weswegen ich das Wort „Chaos“ eher unter Vorbehalt verwende. Andere aber nehmen es durchaus als solches wahr. Es gibt oft einfach Ideen, die als eine Sache anfangen und sich dann in etwas anderes verwandeln oder eine andere Richtung einschlagen. Manche Ideen werden auf Eis gelegt bis sich wieder eine Inspiration finden lässt. Es dauert seine Zeit diese zu entwickeln. Man kommt immer wieder auf sie zurück. Es hilft mit frischem Blick heranzugehen und sich nicht endlos den Kopf darüber zu zerbrechen. Auch eine zweite oder dritte Meinung ist hilfreich. Das Arbeiten mit und im richtigen Team von Leuten ist wichtig für den Erfolg eines Produktes.
Was das Licht angeht, so bevorzuge ich natürliches Licht gegenüber künstlichem. Ich denke, das wirkliche Ziel von künstlichen Lichtquellen ist es zu versuchen, natürliches Licht zu kopieren. Aber ich glaube nach wie vor, dass das unmöglich ist, einfach aufgrund der Lebendigkeit von natürlichem Licht. Davon abgesehen ist eine gut designte Arbeitsleuchte für die langen skandinavischen Winter eine Notwendigkeit.
Mehr zu Sam Weller und seinen Entwürfen gibt es übrigens auf seiner Webseite –> samweller.co.uk
Alle Bilder via hay.dk
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