Ciao Italia, du Sehnsuchtsland hinterm Brenner. Du hitzige Schönheit an der Adria, du Mutterland des modernen Nachkriegsdesigns. Eigentlich hätten wir dich inzwischen schon mindestens einmal in diesem Jahr bereist, aber diesmal ist alles anders. Weil uns das Designland Italien so fehlt, widmen wir uns in dieser Woche explizit italienischen Herstellern, Designern und der dortigen Designtradition.
Italien: Land der Designtradition
Das Herz des italienischen Designs schlägt in Mailand. Hier findet alljährlich der Salone del Mobile statt, eine der größten Interieur Messen mit Designfestival der Welt statt. In diesem Jahr fiel die Veranstaltung aus. Nichtsdestotrotz verkörpert keine andere Stadt das Designland Italien so sehr wie Mailand. Hier sitzen viele namhafte Hersteller, Kunsthochschulen und zahlreiche Designer. Hier gönnt man es sich noch, mit Design zu experimentieren, so scheint es. In den 1970er Jahren, als die Mailänder Designszene gerade anfing für Furore zu sorgen, war es eine vergleichbar kleine Gruppe Designer, die dort arbeiteten.
Richtungsweisende Maestrie und Designer
Heute leben und arbeiten viele bekannte Designer der Neuzeit in der Hauptstadt der Lombardei, darunter Patricia Urquiola und das Designduo Studio Dimore. Damals aber waren es viel weniger als heute, darunter Persönlichkeiten wie etwa Vico Magistretti, Enzo Mari, Achille Castiglioni und natürlich Ettore Sottsass, der die Mailänder Designszene prägte. Im Designland Italien umweht die großen Designer bis heute ein gewisser Nimbus.
Sie pflegen nicht selten exzentrische Charaktere, wie etwa Enzo Mari. Mari gilt heute als einer der Vorväter der DIY Bewegung. Er veröffentlichte Bauanleitungen für seine demokratischen Designs, die jeder aus einfachen und günstigen Materialien zuhause nachbauen konnte. Im Kontrast dazu steht wiederum Ettore Sottsass, der bekannteste Vertreter der Memphis Bewegung der 1980er Jahre. Das Designkollektiv brachte unverwechselbare Möbel und Objekte auf den Markt, die vor Farbe fast schrien.
Weniger exaltiert aber nicht weniger gefeiert sind die Designs der Gebrüder Castiglioni, die insbesondere mit modernen Leuchten ab den 1960er Jahren eine eigene Designästhetik begründen. Ihre Entwürfe für Flos, wie Toio und Parentesi, zitieren und zelebrieren Elemente aus den Bereichen Technik und Architektur.
Die großen Häuser im Designland Italien
Was italienisches Design von beispielsweise Skandinavischem unterscheidet, ist die Emotionalität, die dahintersteckt. Anstelle nüchterner Bescheidenheit bestimmt oftmals ein fast schon künstlerischer Anspruch die Gestaltung selbst sehr alltäglicher Objekte das Design. Ausladende Bögen wie bei Arco oder Twiggy etwa sind Elemente, die sehr typisch sind. Und bei den Materialien wird nicht selten auf edle Werkstoffe bzw. schimmernde Oberflächen gesetzt. Marmor ist ebenso beliebt wie spiegelglatte Kunststoffoberflächen. Italienisches Design ist dynamisch, experimentierfreudig und verliebt in Handwerkstraditionen. Im Designland Italien ansässige Hersteller und Designer pflegen diese Tugenden bis heute.
La luce si accende – Licht an für Italiens hellste Leuchten
Es gibt zahlreiche Leuchtenhersteller von internationalem Rang in Italien. Die drei größten und bekanntesten sind Flos, Foscarini und Artemide. Flos ist eine italienische Traditionsmarke, die seit Jahrzehnten für außergewöhnliche Lichtobjekte steht. An ihren Leuchten ist nichts gewöhnlich oder gefällig. Für einen überragend großen Teil der Produkte der 1961 gegründeten Marke ist Achille Castiglioni. Von ihm und seinem Bruder Pier Giacomo stammen unter anderem die Leuchten Snoopy, Taccia und Viscontea. Die Grundidee von Flos war und ist es, Objekte zu schaffen, deren Ausgangspunkt eine Glühlampe ist. Ein gewöhnliches Leuchtmittel im Zentrum für aufsehenerregendes Design.
Foscarini entwirft, entwickelt und fertigt dekorative Leuchten, die bei Tag und Nacht gleichermaßen begeistern. Die oftmals skulpturalen Leuchten bringen ästhetisch und emotional mehr Leben in den Raum. Sowohl eingeschaltet als auch ausgeschaltet, überzeugt ihr Design seit mehr als 35 Jahren. Während bei Flos sich alles um die Glühbirne dreht, sind die Produkte von Foscarini angetrieben durch Innovation. Die Caboche Kollektion von Patricia Urquiola ist sehr populär, aber auch die Aplomb Leuchten begeistern. Das wohl bekannteste Produkt aber dürfte die Twiggy Leuchte sein – eine Stehleuchte, die eine quasi metaphorische Ähnlichkeit mit der britischen Sixties-Ikone Lesley „Twiggy“ Lawson hat.
Die dritte große Leuchtenmarke aus dem Designland Italien ist Artemide. Zu ihren bekanntesten Produkten zählen zwei innovative Schreibtischleuchten: Tolomeo und Tizio. Artemide verbindet den italienischen Designflair mit dem eigenen Forschungsanspruch. Leuchten von Artemide wurden seit der Gründung des Unternehmens in regelmäßigen Abständen mit renommierten Designpreisen prämiert. So gewann Artemide mit seinen Leuchten mehrfach den italienischen Compasso d’Oro, dem bedeutendsten Award für Industrialdesign in Italien
Komfortabel und luxuriös: Polstermöbel made in Italy
Das Designland Italien versteht sich nicht nur in Puncto Mode in der Luxuskategorie. Auch Möbelmanufakturen der gehobenen Klasse gehören dazu. Das 1927 in Norditalien gegründete Unternehmen Cassina stattet mit seinen inzwischen legendären Produkten nicht nur Privaträume aus, sondern auch renommierte Hotels, Kreuzfahrtschiffe und Restaurants. Das Besondere bei Cassina: das Sortiment teilt sich in zwei Sparten auf: I Maestri und I Comtemporanei. I Maestri widmet sich Entwürfen und Möbelstücken die von bedeutenden Designern des Funktionlismus entworfen wurden. Unter anderem Le Corbusier, Pierre Jeanneret, Charlotte Perriand und Gerrit Rietveld. Cassinia hält hier die Exklusivrechte für Nachbauten der Möbelentwürfe. Bei I Contemporanei kommen zeitgenössische Designer zum Zuge, wie etwa Vico Magistretti und Piero Lissoni.
B&B Italia ist ein modernes italienisches Möbelunternehmen, das sich insbesondere mit hochwertigen Polstermöbeln einen Namen gemacht hat. Zu diesen zählt die Up Serie von Gaetano Pesce genauso wie Entwürfe von Patricia Urquiola und Zaha Hadid. Alle Produkte werden im Designland Italien gefertigt. Bemerkenswert ist, dass das 1966 gegründete Unternehmen mehrfach mit dem prestigeträchtigen Compasso d’oro ausgezeichnet wurde, sondern sich heute wieder im Besitz der Gründerfamilie Busnelli befindet. Ein Familienunternehmen mit Tradition und herausragendem Ruf – das fühlt sich echt italienisch an.
Tradition und Moderne, im Kunststoff vereint
Beim Gedanken in Kunstsoff als Werkstoff der Wahl denkt man nicht unbedingt sofort an italienische Hersteller. Dabei haben ein paar der Möbelhersteller im Designland Italien die Verarbeitung des Materials perfektioniert. Allen voran Kartell, ein Unternehmen, das moderne Möbel aus Plastik herstellt und verkauft. Ursprünglich stellte das Unternehmen Zubehör für Automobile her, bevor es 1963 mit der Herstellung von Einrichtungsgegenständen begann. Einer der prägendsten Designer bei Kartell ist der Franzose Philippe Starck. Auf ihn geht auch der transparente Louis Ghost Chair zurück, der die Form eines Barocken Stuhls hat, diese aber durch das Kunststoffmaterial auf eine ganz andere Ebene hebt. Überhaupt finden sich bei Kartell einige nach historischen Vorbildern gestaltete Möbel und Accessoires, die in Kunststoff neu interpretiert werden.
Über den Tellerrand schauen, den Horizont erweitern, das ist der Anspruch von Magis. 1976 gegründet, sucht Magis stets nach neuen Designideen und Prozessen. Die dabei entstandenen und entstehenden Produkte sind eklektisch und kompromisslos. Ein Produkt von Magis muss ästhetischen und funktionalen Ansprüchen entsprechen. Und es muss eine große Idee verkörpern. Anderenfalls wären sie simpel, banal, einfach nicht Magis. Oft setzt der Hersteller dabei auf Kunststoff als Material in Kombination mit einem anderen Werkstoff. Oft ist es Metall, gelegentlich sind es Textilien. Dabei arbeitet sie mittlerweile auch mit international bekannten Designern zusammen – übrigens meist keine Italiener. An der modern-italienischen Seele der Produkte ändert das wenig.
Das Material der Wahl bei Nardi ist Kunstharz (Polypropylen). Seit mehr als 25 Jahren stellen sie Möbel für den Außenbereich her. Damit ist Nardi ein eher junger Hersteller in einem Land, das seine Designtraditionen seit Jahrzehnten sorgsam pflegt. Ihre Produkte sind Ausdruck eines geselligen italienischen Lebensstils, ausgedrückt durch einfache Formen und frohe Farben. Die Komode Serie ist eine unserer Favoriten, denn mit ihr lassen sich modulare Lounge Landschaften für den Outdoor Bereich kreieren. Die funktionellen Produkte haben ein originelles Design und werden umweltfreundlich hergestellt. Die vielseitigen Nardi Produkte werden von Rafaello Galiotto entworfen und vollständig im Designland Italien hergestellt.
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