Transparent und filigran – gläserne Schönheiten
Der moderne Mensch und Glas, dieses Verhältnis gleicht einer vernünftigen und zugleich trotzdem romantischen Liebesgeschichte. Kaum ein anderes Material ist so präsent in unserem Alltag und kann gleichzeitig so edel und exklusiv sein. Dabei ist Glas als Werkstoff alles andere als das New Kid on the Block. Vor etwa 6000 Jahren wird das erste Mal Glas hergestellt. Die alten Ägypter legten Glasperlen als Grabbeigaben in Königsgräber und machten Glas zur begehrten Ware.
Glas – Material mit Jahrtausende alter Tradition
Über die folgenden Jahrtausende wird die Kunst der Glasherstellung in China perfektioniert. Quarzsand wird so hohen Temperaturen ausgesetzt, dass das Mineral weich wird und sich zu Glas verwandelt. An diesem Prinzip hat sich bis heute nicht viel geändert. Noch heute bietet der uralte Werkstoff Designern zahlreiche Möglichkeiten, neue gestalterische Ideen zu entwickeln. Das spannende an der Arbeit mit Glas ist, dass die traditionelle Produktionsweise dem Design Grenzen vorgibt, sich durch Innovation und Experimente wahrhaft reizvolle und neue Effekte schaffen lassen.
Gläserne Schönheiten der Gegenwart
Heute versuchen sich einige der bekanntesten Designer an dem Werkstoff. Sebastian Herkner ist einer von ihnen. Der Offenbacher arbeitet mit den verschiedensten Werkstoffen und Glas gehört augenscheinlich zu seinen Favoriten. Glas interessiert ihn deshalb so sehr, „weil er transparent, aber auch zerbrechlich ist“. Das Spannungsfeld zwischen Zart und Hart macht den Reiz des Glases aus. Und im Ergebnis erblicken so gläserne Schönheiten wie Herkners Bell Coffee Table für den Hersteller Classicon das Licht der Welt. Der extravagante Beistelltisch hat sich seit seiner Präsentation im Jahr 2012 zu einem dem der ikonischsten Designs des Gegenwartsdesigns gemausert. Man sollte meinen, Glastische seien nichts Besonderes, Tische mit einer Platte aus Glas sind schließlich seit Jahrzehnten präsent. Der Tischfuß des Bell Coffee Tables aber besteht aus mundgeblasenem Glas, und er trägt eine Messingkonstruktion, auf der eine Platte aus lackiertem Kristallglas aufliegt. Ein durch und durch feines und hervorragend designtes Konstrukt.
Ein Handwerk kommt an seine Grenzen
Ähnlich feinsinnig, aber noch eine Spur exklusiver sind die Glasobjekte, die der erfolgreiche Designer für das Label Pulpo entworfen hat. Die Oda Leuchte zeichnet sich durch ihren großzügigen Glaskörper aus. Die gläserne Schönheit schöpft die Grenzen des Möglichen vollends aus, denn der fragile ist tatsächlich das Maximum, was ein Glasbläser fertigen kann. Zum einen, weil es dazu einer sehr großen Kühlkammer für das heiße Glas bedarf. Zum anderen, weil die Dimensionen des Leuchtkörpers die Glasbläser an ihre körperlichen Leistungsgrenzen führen. Für jede leuchte muss ein Glasbläser 15 Kilogramm heißes Glas stemmen – kein Wunder also, dass sie höchstens zehn der Lampen an einem Vormittag blasen können.
Strenge und Zartheit vereint
Die Colour Vase von HAY, die das niederländische Designduo Scholten & Baijings kreiert hat, wird ebenfalls von Hand gefertigt. Ihre Besonderheit ist die grafische Form und Struktur der Glasoberfläche. Die Inspiration dafür stammt von einer Porzellan-Serie, für deren Konstruktion die beiden Papier aufwändig in die Form von Tasse, Teller und Vase falteten. Das gleiche Prinzip kommt auch für die Colour Vase aus farbigem Glas zum Einsatz.
Das Spiel mit Gegensätzen
Gläserne Schönheiten spielen oft mit Kontrasten: sie sind kühl und sinnlich, geradlinig und voll verspielter Leichtigkeit. Mit Glasobjekten wie Alltagsgegenständen lassen sich im eigenen Zuhause wunderbare Szenen und Stimmungen inszenieren. Glas ist so facettenreich wie kaum ein anderes Material und schafft es wie kein zweites, die Blicke auf sich zu ziehen. Vielleicht trauen sich auch gerade deshalb immer mehr Designer, mit dem altehrwürdigen Werkstoff an modernen Produkten zuarbeiten und innovative Techniken für die Umsetzung ihrer Entwürfe zu entwickeln.
Fest steht für uns: ein Leben ohne das transparente Material wollen wir uns nicht vorstellen. Müssen wir auch nicht, denn Glas braucht keine Trends, um sich seine Schönheit zu bewahren. Es reicht schon ein sicherer Standort, damit die fragilen Schätze und überleben.
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